»Bunte Truppe« will durchhalten

FUSSBALL: Wie gehts weiter beim BFC Dynamo? / Pflichtspiele in der Oberliga bis Saisonende / Zwangsabsteiger peilt Rückkehr an

Beim zehnfachen DDR-Fußballmeister BFC Dynamo herrscht momentan ein »geordnetes Chaos«. Der mit rund sieben Millionen Mark tief verschuldete Oberligist ist sozusagen fristgemäß in die Insolvenz gegangen. Am 1. November wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Dieser Vorgang war vakant gewesen, weil bis kurz vor dem Termin die notwendige »Insolvenzmasse« in Höhe von 30000 Mark fehlte. Und wäre diese überaus prekäre Finanzlage nicht noch bereinigt worden, hätte sich der 1966 gegründete BFC Dynamo auflösen müssen.

Ex-Präsident Wanski ist einer der Retter

Genau das hatten rund 800 BFC-Fans Ende Oktober mit ihrer Demo durch die Stadt vom Sportforum zum Roten Rathaus verhindern wollen. »Rettet den BFC!« - dieser Ruf wurde erhört. Kurz vor Ultimo sprang tatsächlich eine »Sponsorengruppe Dynamo« in die Bresche, brachte die 30000 Mark auf und kündigte auch die Bereitschaft an, die erforderlichen 100000 Mark für das weitere Überleben des Vereins zur Verfügung zu stellen.
Dem Sponsorenpool gehört auch - und nicht unmaßgeblich - der frühere Präsident des BFC Dynamo, Volkmar Wanski, an. Der 49-jährige Bauunternehmer war Ende Juni des vorigen Jahres zusammen mit dem Vizepräsidenten Ralf Rose und dem Schatzmeister Günter Matthies zurückgetreten. Der Grund: Der damalige Hauptsponsor Lipro AG, der 80 Prozent des BFC-Etats deckte, strebte massiv mehr Einfluss an. Die Lipro AG steht inzwischen selbst vor dem Konkurs und fordert nun das Darlehen in Höhe von rund drei Millionen Mark zurück.
»Der Verein hat eine lange sportliche Tradition. Das darf nicht kaputt gehen, schon gar nicht wegen der 400 Kinder, die beim BFC Fußball spielen. Deshalb habe ich mich entschlossen, zusammen mit anderen Sponsoren zu helfen«, so Volkmar Wanski gegenüber ND. »Damit ist der Verein aber noch nicht gerettet. Wir müssen erst sehen, wie sich die Dinge hier weiter entwickeln. Noch steht auch durch den Insolvenzverwalter gar nicht fest, wie hoch die Schulden tatsächlich sind.« Wanski nannte noch einen zweiten Grund für seinen Rettungsversuch: »Wäre der BFC gleich Konkurs gegangen, würde man überhaupt nicht mehr in Erfahrung bringen, was hier in den letzten anderthalb Jahren vorgefallen ist. Über sechs Millionen Mark Schulden sind doch ein Unding. Wer trägt dafür die Verantwortung?«
»Durch die Finanzhilfe der Sponsoren-
gruppe ist zunächst einmal gesichert, dass sich der Verein nicht auflösen muss«, sagt BFC-Sprecher Holger Zimmermann erleichtert. Zimmermann war bis dato Geschäftsführer der Marketing GmbH und wurde - wie alle Angestellten des BFC - zum 1. November gekündigt. »Aber ich mache halt ehrenamtlich voll weiter.«
Dass der in der Insolvenz stehende Oberligist, der entsprechend den Regularien des Berliner Fußball-Verbandes damit als erster Absteiger in die Verbandsliga feststeht, dennoch weiterhin so genannte Pflichtspiele in der Nord-Staffel der Oberliga bestreitet, die - wie letztes Wochenende mit 1:2 zu Hause gegen den Brandenburger SC Süd - jedoch nicht gewertet werden, erklärt Zimmermann so: »Zwar hatte uns der Berliner Fußball-Verband in Aussicht gestellt, diese Pflichtspiele nicht absolvieren zu müssen, aber die Sponsorengruppe wollte unter allen Umständen den Spielbetrieb sicherstellen und auch fortsetzen. In erster Linie natürlich für den Nachwuchsbereich mit seinen 16 Mannschaften, aber eben auch für alle übrigen Teams.«

Spieler aus drei Teams bilden eine Mannschaft

Von der bisherigen ersten Männer-Mannschaft, die vom einstigen Meistermacher Jürgen Bogs trainiert wurde und nach seiner Kündigung auch vorerst weiter betreut wird, stehen allerdings nur noch drei Spieler zur Verfügung. Alle Vertragsspieler wurden gekündigt. Torwart Nico Thomaschewski ist inzwischen zum Zweitbundesligisten SV Babelsberg gewechselt, und Jörn Lenz steht in Verhandlungen mit dem VfB Leipzig. »Die anderen Spieler werden früher oder später gehen, stehen aber momentan vor dem Problem, die Wechselfristen einhalten zu müssen«, schildert Zimmermann die Lage.
So präsentiert sich momentan der Zwangsabsteiger in der Oberliga als eine reichlich »bunte Truppe«, wie Zimmermann bestätigt: »Zu den verbliebenen drei Spielern aus der ersten Mannschaft kommen Spieler aus der zweiten Mannschaft, die in der Landesliga spielt, und aus der dritten, die der Landesklasse angehört. In den nächsten Wochen werden wir mit ihnen eine Amateur-Prämie von etwa 300 Mark monatlich aushandeln«.
Das unverrückbare Ziel des BFC Dynamo ist es, nach dem Abstieg am Saisonende sofort aus der Verbandsliga wieder den Sprung in die Oberliga zu schaffen.

Mitgliederversammlung Ende November mit Wahl

»Dafür wollen wir in den kommenden Wintermonaten eine neue Mannschaft formieren und etliche neue Spieler für uns gewinnen«, umreißt Zimmermann derzeitige Pläne. »Aber das genaue Vorgehen muss die neue Vereinsführung, die am 26. November auf der Mitgliederversammlung gewählt wird, festlegen.« Auch fehlt nach dem nicht ganz freiwilligen Rückzug des Sportlichen Leiters Hans Reker, der viel Kritik »wegen Misswirtschaft« einstecken musste, ein neuer Mann, der dieses wichtige Amt übernimmt.
Ex-Präsident Volkmar Wanski stellte übrigens klar: »Ich stehe auf der Mitgliederversammlung für keine Kandidatur zur Verfügung. Ich bin ohnehin gegen Neuwahlen, weil ich eher dafür plädiere, dass die jetzige Vereinsführung voll und ganz zu ihrer Verantwortung und damit auch zu der Schuldenlast stehen muss.«
Ob Trainer Jürgen Bogs, der zwischen 1977 und 1989 den BFC zu zehn DDR-Meistertitel führte und nach der Wende nach Zwischenstationen in Schwedt, Emden und Neustrelitz 1999 wieder zu seinem alten Verein zurückgekehrt war, weiterhin an Deck bleibt, ist ebenfalls offen. Auch hier stehen die notwendigen Verhandlungen noch aus. Der 54-Jährige hatte vor Tagen signalisiert: »Ich würde auch bleiben, will aber eine sportliche Perspektive sehen. Ich glaube an den BFC. Es gibt immer Wege aus der Krise.«
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