Der Fürst

Der Maler Markus Lüpertz will den Koran illustrieren

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.

Er illustrierte soeben das deutsche Grundgesetz, »unser wichtigstes Buch, es folgt den Zehn Geboten«, seine Skulptur »Philosophin« steht im Kanzleramt, im Bundesgerichtshof hängt der Bronze-Adler, mit dem sich Deutschland traditionsgemäß wappnet. Viel Nähe zum Offiziellen, die auch misstrauisch machen kann. Nun möchte Markus Lüpertz den Koran illustrieren - er erinnert den Maler ans Grundgesetz. Insofern wäre eine solche Illustration eine Illustrierung, nämlich der These, der Islam gehöre zu Deutschland.

Lüpertz wurde 1941 im böhmischen Liberec geboren, 1948 floh die Familie ins Rheinland. Lüpertz beginnt eine Lehre als Gestalter von Weinflaschenetiketten, muss sie wegen Talentlosigkeit abbrechen. Die nächste Station ist abenteuerlicher: Er wird Fremdenlegionär. Wieder talentlos, diesmal als Killer: Vorm ersten Einsatz in Algerien haut der 17-Jährige ab. Dann Bergwerk. Dort ebenfalls talentlos. Jetzt blieb als letzte Ausflucht - die Kunst. »Da brauchte ich kein Talent«, sagt er später selbstironisch. Ein Studium an der Akademie in Düsseldorf ist quasi der Schnupperkurs für einen lebensbestimmenden Aufenthalt. Lüpertz wird die Kunstakademie 20 Jahre lang leiten, bis 2009.

Als Achtundsechziger hatte er ebenfalls kein Talent. Er wird lieber zum »Fürsten« mit Fliege am Hals und einer herablächelnden Art ohnegleichen. Er liebt das Exaltierte, den Totenkopf auf dem Fingerring, den majestätischen Gehstock. Der Dandy der deutschen Malerei. Die sich nicht unbedingt (mehr) als Problem erlebt, eine eher angestrengte Aristokratie, Meisterschaft des jeweils aktuellen Konversationsbildes.

Das war mal anders. Er stritt mit realistischer Kunst gegen das Abstrakte. Er installierte deutsche Symbolik - Stahlhelme, Eicheln und Eichenlaub - zum grellen Ereignis; seine Malerei nannte er »dithyrambisch« - Bezeichnung für den Wiederholungszwang, Bilder gleich drei Mal zu »schöpfen«. Jedes neue Bild nicht neu, sondern nur eins mehr. Kunst als Massierung von Eindruck.

Talent für den Koran? Eines immerhin ist gewiss: Karikaturist war Lüpertz nie.

Hans-Dieter Schütt

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.