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Boxberg heizt noch mehr ein

Dank des neuen Kraftwerksblocks droht bald ein Ausstoß von 20 Millionen Tonnen CO2 im Jahr

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach sechs Jahren Bauzeit geht heute im Kraftwerk Boxberg ein neuer Block ans Netz. Er befördert die Anlage auf Platz 6 der CO2-Emittenten in Europa.

Fall und Aufstieg liegen nahe beieinander: Vorigen Samstag wurde im sächsischen Kraftwerk Boxberg der letzte von vier 300 Meter hohen Schornsteinen gesprengt. Nur fünf Tage später wird heute der neue Kraftwerksblock R in Betrieb genommen. Für den Betreiber Vattenfall ein Grund zum Feiern: Der Block, dessen Bau sechs Jahre dauerte und eine Milliarde Euro kostete, gehöre zu den »derzeit modernsten Anlagen zur Stromerzeugung aus Braunkohle«, verkündet das Unternehmen stolz und verweist auf einen Wirkungsgrad von 44,3 Prozent. Kraftwerke wie Lippendorf und Jänschwalde, in denen auch Braunkohle verfeuert wird, bringen es auf 42,8 oder sogar nur 36,3 Prozent. Dass der Wert bei dem 675 Megawatt starken neuen Block durch verbesserte technische Verfahren gesteigert werden konnte, bedeute eine »weitere Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen pro erzeugter Kilowattstunde«, tönt die Firmen-PR.

Dieser »Erfolg« indes ist relativ, und ein Wirkungsgrad von 44 Prozent bedeute immer noch, dass mehr als die Hälfte der in der Kohle enthaltenen Energie in die Luft geht, betont Gerald Neubauer von Greenpeace. Laut einer Liste aktueller Projekte für Kraftwerke, die von der Umweltorganisation kürzlich veröffentlicht wurde, wird allein der Block R mehr als fünf Millionen Tonnen CO2 produzieren. Insgesamt stößt das Kraftwerk, dessen Leistung auf 2575 Megawatt steigt, dann 20,3 Millionen Tonnen des Treibhausgases aus.

Boxberg wird damit zum viertgrößten CO2-Emittenten in Deutschland und kommt auf Platz 6 in Europa, sagt der Naturschutzverband BUND. Die sächsischen Grünen rechnen vor, dass Sachsen mit einem Pro-Kopf-Ausstoß von 13 Tonnen CO2 den Spitzenplatz in Deutschland einnimmt. Sie sprechen von einem »großen Rückschritt« für den Klimaschutz.

Wenn schon Strom aus fossilen Energieträgern gewonnen werden müsse, seien Gaskraftwerke vorzuziehen, sagt Neugebauer. Deren Wirkungsgrad liege bei bis zu 90 Prozent, wenn auch die Abwärme genutzt wird. Die Braunkohle solle man »in der Erde liegen lassen«. Vattenfall hat sich dagegen entschieden und den zwischenzeitlich stillgelegten Tagebau Reichwalde wieder angefahren, damit der Kohlehunger von Block R gestillt werden kann. Der Bedarf wird mit 4,9 Millionen Tonnen angegeben - pro Jahr.

Neubau und Erweiterung von Kraftwerken wie in Boxberg oder kürzlich in Neurath bei Köln lassen einen baldigen Ausstieg aus der Braunkohle fraglich erscheinen, den Umweltschützer freilich wegen deren Beitrag zur Klimaerwärmung für dringend geboten halten. Greenpeace fordert einen Ausstieg bis spätestens 2030. Ein Block wie in Boxberg ist indes auf eine Laufzeit von 40 Jahren angelegt - also erst nach 2050 abgeschrieben.

Beobachter attestieren aber der Kohleverstromung trotz der Folgen für das Klima derzeit eine Art Renaissance. Gründe sind der baldige Atomausstieg und Probleme beim völligen Umstieg auf erneuerbare Energien. Neugebauer kritisiert, es gebe »vermehrte Unterstützung aus bestimmten politischen Kreisen«; bei der Eröffnung in Neurath war sogar Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) zu Gast: »Ein sehr erstaunliches Signal.« Laut Greenpeace sind in der Bundesrepublik neben Boxberg und Neurath 21 Kohlekraftwerke geplant oder im Bau. Allerdings halten sich wegen der Energiewende und unklarer Zukunftsaussichten der Kohle zunehmend auch Investoren zurück. Der von der MIBRAG in Profen südlich von Leipzig geplante Neubau etwa liegt seit geraumer Zeit auf Eis.

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