Merkel stellt Praxisgebühr in Frage
Einige Krankenkassen wollen Gebühr zurückerstatten
Berlin (epd/nd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt offenbar Veränderungen bei der Praxisgebühr nicht mehr aus. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin, die Kanzlerin denke über die Argumente nach. Sie betrachte das Gesamtbild, das sich im Gesundheitsfonds und bei den gesetzlichen Krankenkassen derzeit biete. Bisher hatte sich Merkel stets gegen die Abschaffung gestellt. Die FDP will die Praxisgebühr abschaffen, die Union will sie bisher beibehalten. Hintergrund des Streits sind die Milliardenreserven im Gesundheitswesen. Der Schätzerkreis der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geht davon aus, dass der Überschuss im Gesundheitsfonds weiter deutlich steigen wird - zum Jahresende voraussichtlich auf 12,7 Milliarden Euro und 2013 nochmals auf über 14 Milliarden Euro. Zusammen mit den Milliardenüberschüssen der Krankenkassen hat die GKV damit Reserven von insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro.
Zwei Krankenkassen wollen ab 2013 die Praxisgebühr zurückerstatten. Die Techniker Krankenkasse (TK) gab am Freitag bekannt, sie zahle die Gebühr zurück, sofern der Versicherte an mindestens vier Vorsorgemaßnahmen im Jahr teilnehme. Den TK-Mitgliedern wird 2013 außerdem eine Prämie von 80 Euro ausgezahlt. Die zweitgrößte Kasse mit rund sechs Millionen Versicherten verfügt Schätzungen zufolge über Reserven von mehr als drei Milliarden Euro. Bereits am Donnerstag hatte die KKH Allianz bekanntgegeben, die Praxisgebühr erstatten zu wollen.
Andere große gesetzliche Krankenversicherungen lehnen die Abschaffung der Gebühr hingegen ab. Die Abschaffung käme »gerade nicht bei den Versicherten an, die es brauchen können: bei den Einkommensschwachen, bei den chronisch Kranken«, sagte AOK-Vorstandschef Jürgen Graalmann am Freitag. Die Überschüsse sollten stattdessen als Reserve für Krisenzeiten dienen. Das »Sicherheitspolster« sei nötig, um auch in Eurokrisenzeiten eine sichere und verlässliche Versorgung zu garantieren, sagte Graalmann. Es dürfe »keine Gesundheitsversorgung nach Kassenlage« geben.
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