Wege aus der Eurokrise
Gewerkschaftsnahe Ökonomen stellen mögliche Schritte aus der Rezession in Europa vor
Es habe einen erstaunlichen Kurswechsel der Bundesregierung seit dem Ausbruch der Eurokrise 2009 gegeben, meint Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Damals habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erzählt, die Krise sei ein individuelles Problem der betroffenen Länder. Nun stelle Merkel die Krise als ein gemeinsames Problem der Eurozone dar.
Die Rezession ist aber noch längst nicht überstanden. Die Sparpolitik in Spanien und Griechenland, die von der Bundesregierung stets befeuert wurde, hat die Lage sogar verschlimmert. Deswegen stellte das IMK gestern Schritte aus der Rezession im Euroraum vor. »Nach wie vor dominieren Lesarten, welche die Krise sehr einseitig mit dem angeblich unsoliden Ausgabeverhalten der ›Südländer‹ erklären. Das geht am Kern des Problems vorbei«, sagte Gustav Horn. Ein Grund für die Krise seien vor allem die unterschiedlichen Außenhandelsbeiträge. Ein Exportüberschuss für Deutschland bedeutet Außenhandelsdefizite in den übrigen Euroländern. Auf Dauer ist so etwas in einem gemeinsamen Währungsraum nicht tragfähig.
Die ersten beiden Vorschläge des IMK, würden die Regierungen zunächst nichts kosten. Mit der Bereitschaft notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern zu kaufen, habe die Europäische Zentralbank nach Ansicht des IMK bereits den ersten Schritt aus der Eurokrise getan. Zudem müssten die Euroländer ein klares Bekenntnis leisten, dass sie die Krise gemeinsam bewältigen wollen. Dies soll der steigenden Verunsicherung auf den Finanzmärkten entgegenwirken, durch die die Staatsanleihen erheblich unter Druck geraten.
Nach Ansicht des IMK geht kein Weg an der zeitlichen Streckung der Sparmaßnahmen vorbei. »Die wirtschaftliche Entwicklung in den Krisenländern ist als Folge der überzogen harten Sparpolitik desaströs und belastet zunehmen den gesamten Währungsraum«, sagte Horn. Zudem ist es sinnvoller, den Staatshaushalt durch mehr Einnahmen in Form von höheren Steuern statt durch Sparmaßnahmen zu konsolidieren. So fordert das IMK, die Spitzeneinkommen vorübergehend im gesamten Euroraum stärker zu besteuern.
Langfristig wird die Eurokrise aus Sicht des IMK allerdings nur gelöst, wenn es gelingt, Handelsüberschüsse- und Defizite abzubauen. Hierbei ist die Lohnpolitik von zentraler Bedeutung. In allen Euroländern sollten Horn zufolge die Löhne im selben Verhältnis wie die Produktivität steigen. Flankiert solle das mit der Steuerpolitik werden. In Defizitländern wie Griechenland und Spanien sollte die Fiskalpolitik zum Beispiel durch höhere Steuern restriktiver ausgerichtet werden. »Länder mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen müssen hingegen ihre Binnennachfrage steigern«, schreiben die Forscher. Diese sollten die Steuern senken.
Doch diese Fiskalpolitik muss mit Fingerspitzengefühl gehandhabt werden. So dürften nach Sicht der Forscher Steuererhöhungen in den Krisenländern nicht dazu führen, dass dort die Nachfrage vollends abgewürdigt wird. Andererseits schlagen sie in Deutschland unter anderem die Wiedereinführung der Vermögensteuer vor, um mit den Einnahmen die Nachfrage stimulieren zu können. Um den Ungleichgewichten im Außenhandel europaweit entgegenzuwirken, schlägt das IMK die Gründung eines Europäischen Währungsfonds vor, der auch Sanktionen verhängen können soll.
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