Stressfrei auf der Bank
Berliner Handballer mit Sieg in Champions League
Mit bandagierter Wurfhand betrat Sven-Sören Christophersen (Foto: dpa/Wolf) den Presseraum. Die Miene des Rückraumschützen verriet zu diesem Zeitpunkt nichts über seine Gefühlslage. Beim 31:27-Erfolg der Füchse Berlin gegen den Schweizer Meister aus Schaffhausen in der Champions League musste Christophersen nach zwei Schlägen auf den rechten Daumen ab der 17. Minute passen. Erste Diagnose: Bluterguss oder Muskelverletzung. Was anschließend auf dem Feld passierte, war exemplarisch für die laufende Saison: Fällt ein Akteur der Stammformation aus, gibt es meist einen Bruch im Berliner Spiel.
Kaschiert werden die spielerischen Defizite der zweiten Reihe durch die bisherigen Resultate - in der Liga Platz eins, in der Königsklasse auf dem Weg in die Runde der besten 16. »Ich hatte nie das Gefühl, das Spiel könnte kippen. Danke an die Jungs für einen stressfreien Abend auf der Bank«, sagte Christophersen nach der Partie. Begeisterung kling anders. Insgesamt bleibt der große Jubel in der Hauptstadt bislang aus. Ein Grund dafür sind sicherlich auch die Ansprüche, die die Füchse in der Vorsaison mit dem Champions Legue-Halbfinale und Rang drei in der Liga ungewollt selbst nach oben geschraubt haben.
Einen entscheidenden Anteil am rasanten Aufstieg des Hauptstadtclubs in den vergangenen Jahren besitzt Christophersen. Mit seinen Toren ist er eine Bank. Das zeigte sich auch gegen Schaffhausen - bis zu seiner Verletzung standen bereits zwei Treffer auf seinem Konto. Danach musste Berlins Trainer Sigurdsson bis in die Schlussphase warten, ehe wieder Tore von der Königsposition im linken Rückraum zu notieren waren. Zu wenig für ein Spitzenteam.
Sowohl der spanische Weltstar Iker Romero als auch Neuzugang Börge Lund haben momentan nicht Christophersens Klasse. »Durch seine Verletzungen konnte Börge keine richtige Vorbereitung absolvieren«, sagte der Coach. »In engen Partien ist es schwer, ihm Spielpraxis zu geben.« Doch genau da liegt auch das Problem: Die Füchse haben fast ausschließlich enge Spiele.
Gegen Schaffhausen passte das Ergebnis - der dritte Sieg im vierten Spiel eröffnet den Füchsen große Chancen auf das Achtelfinale. Und die sportliche Darbietung? Solide - nicht mehr, nicht weniger. Vielleicht fehlte für mehr einfach die Kraft: In den vergangenen neun Tagen absolvierten die Füchse allein drei Spiele, legten 7000 Kilometer zurück.
»Fünf Nächte waren wir im Hotel, eine im Bus«, erklärte Sigurdsson und stellte fest: »Für uns waren es gute Ergebnisse in diesen schwierigen Wochen. Die Spieler haben jetzt zwei freie Tage.« Bei diesen Worten huschte erstmals ein Lächeln über Christophersens Lippen - es zählen manchmal einfach die kleinen Gesten, um Profi-Handballer glücklich zu machen.
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