Stille Wochenenden in Vientiane

Laos bereitet Asien-Europa-Gipfel vor

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.
Die laotische Hauptstadt steuert auf einen politischen Höhepunkt zu: Am 5. und 6. November ist Vientiane Austragungsort des Asien-Europa-Meetings (ASEM). Das Ereignis wirft seit Monaten seine Schatten voraus.

Es herrscht nahezu himmlische Stille. Seit die Stadtväter wegen der Vogelgrippe die Geflügelhaltung in der Innenstadt untersagt haben, kräht kein Hahn mehr. Hunde liegen wegen der Hitze lieber träge im Schatten, als bellend durch die Gegend zu laufen. Kein Radio quäkt, kein Elektrohobel kreischt. Nicht einmal ein Kühlschrank brummt. Zum wiederholten Male ist am Ostrand der laotischen Hauptstadt Vientiane wochenends ganztägig der Strom abgestellt. Für einen guten Zweck, versteht sich.

Der heißt ASEM. Die Abkürzung steht für Asien-Europa Meeting und führt alle zwei Jahre Spitzenpolitiker aus 48 Ländern und Vertreter regionaler Organisationen beider Kontinente zusammen. Damit sie angenehm mit Blick auf den Mekong logieren können, verloren 146 Familien auf einer Insel im Fluss ihren Lebensunterhalt als Fischer und Gemüsegärtner. Die Villensiedlung geht ihrer Vollendung entgegen. Auch der gewaltige, von der chinesischen Regierung spendierte Kongresskomplex wird wohl rechtzeitig fertig sein. Der Flughafen Wattay erhielt ein neues Abstellareal, um die Sonderflugzeuge aufnehmen zu können. Ein VIP-Empfangsgebäude ist ebenfalls im Bau.

Und der Strom wird regelmäßig abgestellt, damit Angela Merkel, Dmitri Medwedjew und Kollegen nicht womöglich plötzlich im Dunkeln sitzen. Das eigens für ASEM errichtete neue Umspannwerk wird ins Netz der Hauptstadt eingebaut.

Auch sonst wirkt ASEM als Argument für nahezu alles. Die Bevölkerung wird zu »Subbotniks« herausgetrommelt, um die Stadt auf Hochglanz zu wienern. Die Polizei bringt vorbeugend alle Arten von Kriminellen zur Strecke. Bettler und anderes zwielichtiges Volk werden von den Straßen verbannt. Die Nachtbars werden an die Einhaltung der Sperrstunde um halb zwölf erinnert. Neben Einschränkungen bringt ASEM aber auch Freude mit sich. Zumindest die von den Gästen frequentierten Straßen erhalten einen neuen Asphaltbelag, die Motorradstaffel der Sicherheitskräfte erhielt großvolumige Honda-Maschinen und viele laotische Minister freuen sich schon auf neue Dienstautos. Freude auch in Deutschland und Japan, denn für den Gipfel wurden 105 nagelneue Mercedes-Limousinen und 11 BMW geordert, ebenso 130 Toyota Camry, die alle nach dem Gipfeltreffen unter laotischen Amtsträgern aufgeteilt oder verkauft werden sollen.

Auch die EU bereitete Freude, indem sie 400 000 Euro für Studienreisen laotischer Offizieller zu früheren ASEM-Austragungsorten in Europa spendierte. 24 Millionen Euro will die laotische Regierung für den Gipfel ausgeben, im Vergleich dazu investiert sie im laufenden Haushaltsjahr etwa 17 Millionen Euro in den Bildungssektor.

Aber ASEM wird deutlich teurer. Ein Vielfaches der 24 Millionen kommt an Hilfe oder Krediten aus dem Ausland hinzu, allen voran aus China, das den Gipfel allein mit mehr als 100 Millionen Euro unterstützt.

Die Staats- und Regierungschefs werden nach drei Tagen wieder weg sein, die Chinesen dagegen sind oft entschlossen zu bleiben. Das ASEM-Villenviertel beispielsweise ist Teil eines gewaltigen Stadtbauvorhabens, das auf wenigstens 50 Jahre Landpacht ausgelegt ist.

Als erster Teil des Tagungszyklus fand am 3. und 4. Oktober ein Treffen von Parlamentariern beider Kontinente statt. Dem folgen eine Tagung der Nichtregierungsorganisationen und eine Wirtschaftskonferenz, bevor am 5. und 6. November der eigentliche Gipfel bestiegen wird.


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