Muskelspiele in Nahost
Roland Etzel über Israel und die angebliche iranische Bedrohung
Manöver sind nicht selten die Vorboten von Kriegen. Bisweilen gingen Übungen sogar nahtlos in den Ernstfall über. Auch im Falle der derzeit stattfindenden militärstrategischen Nabelschau Israels und der USA ist manches denkbar, zumal sie sich über mehrere Wochen erstrecken soll. Allerdings dürften die Intentionen der beiden beteiligten Staaten nicht deckungsgleich sein.
Israels Ministerpräsident Netanjahu möchte Stärke demon᠆strieren - gegenüber der angeblichen iranischen Bedrohung, aber genauso gegenüber dem eigenen Wahlvolk, das im nächsten Jahr an die Urne gerufen wird. »Stärke demonstrieren« will wenige Wochen vor der angestrebten Wiederwahl gewiss auch Obama; aber die Betonung liegt bei ihm wohl klar auf dem zweiten Wort. Den Bellizisten, zu Hause wie in Israel, will er etwas die Spitze - gegen sich - abbrechen und es im Nahen Osten zumindest jetzt beim Zeigen der Muskeln belassen.
Eines ist das Manöver garantiert nicht, nämlich »keine Reaktion auf ein bestimmtes Ereignis in der Region«. Aber genau mit dieser merkwürdigen Sentenz glaubt das Pentagon die Weltöffentlichkeit veralbern zu müssen. Es wirkte auch wie eine Steilvorlage für Obamas Kontrahenten Romney für das letzte Nacht abgelaufene außenpolitische Duell beider Kandidaten; gebärdete sich der Herausforderer doch zuletzt, als könne er es kaum abwarten, an Israels Seite gegen Teheran zu ziehen. Aber auch das ist wohl zunächst nur als Manöver zu werten.
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