Lücke beim Energiesparen

Unternehmensinitiative sieht Chance, zehn Großkraftwerke überflüssig zu machen

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach langem Gezerre um Ausnahmen hat das EU-Parlament Mitte September die Energieeffizienzrichtlinie verabschiedet. In wenigen Wochen tritt sie in Kraft. Eine von der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) in Auftrag gegebene Studie zeigt nun, dass Deutschland mit bisherigen Maßnahmen die EU-Vorgaben nur zur Hälfte schafft.

Wenn die EU ihre Ziele beim Schutz vor größeren Klimaveränderungen durch Treibhausgase einhalten will, ist mehr nötig als die vielzitierte Energiewende. Mindestens genauso wichtig sind massive Einsparungen beim Energieverbrauch. Doch ausgerechnet bei der EU-Energieeffizienzrichtlinie blockierte die deutsche Bundesregierung lange Zeit die Verhandlungen mit Forderungen nach der Anrechnung früherer Sparprogramme. Offenbar nicht ohne Grund. Denn laut einer Studie des Beratungsunternehmens Ecofys, die für die DENEFF erstellt und heute in Berlin vorgestellt wurde, werden bestehende Förderprogramme und Vorgaben jährlich voraussichtlich nur 0,7 Prozent Energieeinsparung bringen. Artikel 7 der EU-Richtlinie sieht aber 1,5 Prozent vor. Diese Lücke entspricht in etwa der jährlichen Stromerzeugung von zehn Großkraftwerken.

Nach der heutigen Veröffentlichung der neuen Energieeffizienzrichtlinie im Amtsblatt der EU bleiben der Bundesregierung noch etwas mehr als 18 Monate Zeit, zusätzliche Maßnahmen zum Aufholen dieses Rückstands beim Energiesparen vorzulegen. Andernfalls droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren.

Ecofys-Geschäftsführer Carsten Petersdorff: »Nur wenn die bestehenden Energieeffizienz-Maßnahmen konsequent weitergeführt werden und bald durch zusätzliche politische Maßnahmen ergänzt werden, sind die EU-Ziele und die Energiewendeziele der Bundesregierung zu halten.«

DENEFF-Vorstand Christian Noll ist dennoch optimistisch. Er sieht in Sparanreizen einen Weg, die Kosten für Stromerzeugung und Netzausbau zu drücken. »Den Rückstand aufholen heißt auch, mit Effizienzlösungen ›made in Germany‹ Nachfrage und Beschäftigung zu sichern«, ergänzt Noll.

Potenzielle Gewinner dieser Politik wären unter anderem die heimischen Hausgerätehersteller, deren Kühlschränke, Waschmaschinen und Trockner heute 70 Prozent weniger Strom verbrauchen als noch vor zehn Jahren, wie Peter Böhm von der Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH (BSH) vorrechnet. Da 40 Prozent der Geräte in deutschen Haushalten älter als zehn Jahre seien, gebe es hier bereits ein gewaltiges Einsparpotenzial. Anders als bei der relativ kurzlebigen Unterhaltungselektronik und Computertechnik entstünden bei Hausgeräten 85 Prozent der Umweltbelastungen durch den Energieverbrauch im Betrieb. Ähnlich sei es bei Motoren in der Industrie, wo allerdings die aktuelle Technik nur 30 Prozent sparsamer sei als vor zehn Jahren.

Bei der Umsetzung setzt die DENEFF auf ein marktorientiertes Konzept, in dem eine unabhängige Agentur entsprechend den politischen Sparvorgaben Effizienzprogramme ausschreibt und die Fördergelder an den Anbieter ausreicht, der die größten Einsparungen zum günstigsten Preis offeriert. Die Umsetzung könne dann ebenso über Stadtwerke, Elektrohändler oder das Handwerk erfolgen, sagt Noll. Auf jeden Fall sei es wohl ungünstig, die Umsetzung der Effizienzprogramme jenen Akteuren zu überlassen, deren Geschäftsmodell auf einem steigendem Energieverbrauch beruht, ergänzt DENEFF-Vorstand Martin Bornholdt.

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