Werbung

Rote Linie gegen Racial Profiling

Ein Kommentar zur Reaktion der Polizeigewerkschaft auf ein Urteil

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.
Das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht hat eine wichtige Entscheidung getroffen: Polizisten dürfen bei Personenkontrollen Menschen nicht wegen ihrer Hautfarbe auswählen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch viele erleben täglich das Gegenteil: „Racial Profiling" ist Alltag. So bestürzend das nun aufgehobene erstinstanzliche Urteil war, mit dem die diskriminierende Praxis noch für rechtens erklärt wurde, so „normal" ist es, das die Polizei bei Kontrollen, die nicht selten mit Schikanen verbunden sind, nach der Hautfarbe geht.

Wie ein nachgeschober Beweis für die „Üblichkeit" der Verstöße gegen international verankerte Verbote, Menschen zu diskriminieren, klingt denn auch die Reaktion der Polizeigewerkschaft DPolG. „Man sieht wieder einmal, die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus", schnodderte deren Vorsitzender Rainer Wendt am Dienstag einer Nachrichtenagentur in den Notizblock.

Was für eine erhellende Äußerung! Einige Polizisten glauben offenbar, in ihrer Uniform stets das Richtige zu tun, wenn sie es für richtig halten. Die Vorstellung, dass das Wirken von Beamten nicht schon deshalb akzeptabel sein muss, weil es jemand mit Dienstausweis ist, der da handelt; die Idee, dass sich Vorurteile und rassistische Einstellungen nicht zuletzt durch diskriminierende Staats-Vertreter verbreiten; der Wille zu wenigstens einem bisschen Selbstkritik was den Umgang mit Migranten und anders Aussehenden angeht - zu diesen Einsichten ist ein „Gewerkschafter" Wendt offenbar nicht fähig.

Oder nicht willens. Die Haltung, die sich in Wendts Herabwürdigung des Urteils ausdrückt, das in Wahrheit ja gar nicht mehr beinhaltet als die Durchsetzung eines menschenrechtlichen Mindeststandards, diese Haltung ist das eigentliche Problem. Und das ist weit verbreitet, nicht nur unter Polizisten.

Das rheinland-pfälzische Oberverwaltungsgericht hat den Uniformträgern jetzt eine rote Linie aufgezeichnet. Dass diese eingehalten wird, dass ein Alltag möglich wird, in dem Menschen, ganz egal wie sie aussehen und wo sie herkommen, nicht mehr diskriminiert werden, das können Gerichte allein nicht besorgen.
Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -