Schade, jetzt ist sie weg
Silvia Ottow über Praxisgebühr und Betreuungsgeld
Mag die Abschaffung der Praxisgebühr noch so vernünftig, überfällig und begrüßenswert sein, zum Ruhmesblatt für die Politik taugt sie nicht. Es ging hier mitnichten darum, was der größte Teil der Abgeordneten und Gesundheitsexperten für richtig hielt, oder gar darum, was für kranke Menschen sinnvoll ist. Dann wäre diese Gebühr, die unbestritten Arme von Arztbesuchen fernhält, viel Gebührenzahlergeld verschlingt und sonst rein gar nichts bewirkt, schon vor Jahren abgeschafft worden. Spätestens aber wäre das in der vergangenen Woche im Bundestag geschehen, wo sich auch diejenigen Abgeordneten für eine Beibehaltung aussprachen, die eigentlich schon immer dagegen waren - wie zum Beispiel die FDP. Ohne Rücksicht auf den Wähler und Versicherten, dem sie seit Ewigkeiten vorgaukeln, an seiner Entlastung zu arbeiten. Und mit der scheinheiligen Begründung, im Bundesgesundheitsministerium werde an Alternativen zur Praxisgebühr gerechnet. Hier wurde nicht gerechnet, hier wurde über einen Deal nachgedacht, den man im Bundestag schlecht machen konnte: Abschaffung der Praxisgebühr gegen Einführung des Betreuungsgeldes. So etwas geht nun mal nur beim Pokerspiel am Kabinettstisch.
Die Praxisgebühr war so etwas wie Kontoauszüge von Scheinfirmen, manipulierte Fahrtenschreiber von Lastkraftwagen, Paparazzifotos von Prominenten beim Koksen oder illegale Redepreislisten von SPD-Abgeordneten. Man behielt sie für alle Fälle in der Tasche und mit dem Gesundheitssystem hatte sie zuletzt nur noch wenig zu tun. Jetzt ist sie ausgespielt und wird womöglich noch als gute Tat in die wenig rühmliche Geschichte dieser Koalition eingehen.
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