Steinbrück ist die Borussia peinlich
Designierter SPD-Kandidat verschweigt Einkünfte als Aufsichtsrat des Dortmunder Fußball-Bundesligisten
Peer Steinbrücks Abgeordnetenseite auf der Webseite des Deutschen Bundestages enthält einen langen Text: Rund 2350 Schreibmaschinenanschläge umfasst sein dort veröffentlichter Lebenslauf, zweieinhalb mal so lang sind seine Veröffentlichungspflichtigen Angaben, in denen abstrakt seine Vortragstätigkeiten und seinen Funktionen in Unternehmen, Kirche, Verbänden, Vereinen und Stiftungen aufgelistet sind. Nebst Grobangaben zu den dort binnen eines Jahres erzielten Nebeneinnahmen.
Doch fand sich in diesen knapp 6000 Zeichen offenbar kein Raum, um zu erwähnen, dass der designierte SPD-Kanzlerkandidat Nebeneinkünfte erzielte in seiner Eigenschaft als Aufsichtsrat der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA - des Wirtschaftskonzerns, der das finanzielle Rückgrat des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund bildet. Dabei hätten sieben Zeichen völlig ausgereicht: Stufe 3. Mehr hätte es nicht gebraucht.
Eine »feste Vergütung« von 7000 Euro pro Geschäftsjahr bekommt dort ein einfaches Aufsichtsratsmitglied wie Peer Steinbrück, der dem Gremium seit November 2010 angehört. Doch unter den veröffentlichungspflichtigen Angaben erwähnt Steinbrück zwar sein Mandat beim BVB, nicht jedoch, dass er dort Geld verdiente und verdient. Keine Angabe: So ist es aktuell. So war es auch 2011.
7000 Euro entsprechen der Stufe 3, jener höchsten Stufe des derzeitigen Deklarationssystems, die Nebeneinkünfte von 7000 plus X Euro umfasst. Zum Beispiel auch den Betrag von 67 000 Euro, den Steinbrück laut Medienberichten jährlich in seinem zweiten Aufsichtsratsjob verdiente: beim Stahlkonzern ThyssenKrupp. Hier vermerkt der Sozialdemokrat völlig korrekt: »Mitglied des Aufsichtsrates, 2011, Stufe 3; 2012, Stufe 3«. Völlig unbekannt kann dem 65-Jährigen die Regel, dass derartige Einnahmen veröffentlichungspflichtig sind, also nicht sein.
Hat Steinbrück vielleicht auf die jährlichen 7000 BVB-Euro verzichtet? Mit höchster Wahrscheinlichkeit ist das nicht der Fall. Aus den Geschäftsberichten des BVB-Konzerns geht eindeutig hervor, dass sowohl im Geschäftsjahr 2010/11 als auch 2011/12 jeweils 52 500 Euro an die Aufsichtsratsmitglieder des Unternehmens ausbezahlt wurden. »Der Aufsichtsrat hat im abgelaufenen Geschäftsjahr eine Vergütung in Höhe von TEUR 52,5 (Vorjahr TEUR 52,5) erhalten«, ist beispielsweise auf Seite 151 des Geschäftsberichts 2011/12 nachzulesen.
52 500 Euro - dieser Betrag ergibt sich aus den 14 000 Euro, die der Vorsitzende des Gremiums erhält, aus 10 500 für seinen Stellvertreter und jeweils 7000 Euro für die vier einfachen Mitglieder, darunter Steinbrück. Glaubt man den beiden Geschäftsberichten, dann verzichtete also kein einziger Aufsichtsrat auf den ihm zustehenden Betrag. Auch Steinbrück nicht, der das volle Geschäftsjahr 2011/12 über und sieben Monate des vorangehenden Geschäftsjahrs diese Funktion in der GmbH und Co. Kommanditgesellschaft bekleidete.
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