Japan stürzt erneut in die Rezession
Wirtschaftliche Folgen des Territorialkonflikts mit China machen sich bemerkbar
Seit Japan vor fast zwei Monaten eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer von einer japanischen Privatperson abgekauft hat, schwelt ein Konflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften Asiens. Denn auch China und Taiwan erheben Anspruch auf die Inseln, unter denen Gasvorkommen vermutet werden. In China ist es zu Protesten und zu Boykottaufrufen gegen japanische Produkte gekommen.
Dies trifft die Wirtschaft Japans hart, die ohnehin seit Jahren unter Stagnation, Deflation und einer extrem hohen Staatsverschuldung leidet. Mit einem Exportanteil von 20 Prozent ist China Japans größter Handelspartner. Das Reich der Mitte trifft der Konflikt in ökonomischer Hinsicht weniger, da es sich über die letzten 20 Jahre stärker in andere Regionen orientiert hat. Japan ist nur mehr der viertgrößte Abnehmer chinesischer Produkte. Vor allem hat es in Japan bislang keine Boykottaufrufe gegeben.
Die Auswirkungen dieses Konflikts machen sich bisher vor allem in Japans Automobilindustrie bemerkbar. Im Oktober verkauften die Hersteller aus Nippon in China rund 60 Prozent weniger als im Vorjahresmonat, im September hatte es bereits ein Minus um 38 Prozent gegeben. Der größte japanische Autobauer Toyota, bei dem Exporte nach China bisher rund zehn Prozent der weltweiten Verkäufe ausmachten, rechnet mit einem Rückgang um 200 000 Pkw im zweiten Halbjahr. Nach erfreulichen Absätzen im Frühjahr hatte der Konzern noch im August verkündet, im Jahr 2012 mehr als zehn Millionen Autos weltweit produzieren zu wollen, was einen Höchstwert für das Unternehmen bedeutet hätte. Nach den Geschehnissen der letzten Wochen wurde von diesem Ziel wieder Abstand genommen. Anderen Herstellern wie Nissan, Mazda, Mitsubishi und Fuji Heavy Industries, das unter anderem Autos der Marke Subaru herstellt, ergeht es ähnlich. Auch Japans Elektronikindustrie, die für die Exportwirtschaft des Landes ähnlich wichtig ist, hat stark eingebüßt, ebenso der Tourismussektor, weil chinesische Besucher ausbleiben. Insgesamt sind die Exporte nach China um 10,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken.
Mehrere Schätzungen gehen davon aus, dass der Höhepunkt des Konflikts auch wirtschaftlich noch nicht erreicht ist. So überrascht es nicht, dass die japanische Regierung mittlerweile einräumt, dass dies ein entscheidender Faktor für die schwierige Konjunkturlage ist. »Wir können die Möglichkeit nicht ausschließen, dass die japanische Wirtschaft in eine Rezessionsphase eingetreten ist«, erklärte Wirtschaftsminister Seiji Maehara am Montag anlässlich der Bekanntgabe neuer Konjunkturdaten in Tokio. Demnach ist das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,9 Prozent gesunken. Das entspricht einer Jahresrate von 3,5 Prozent. Es ist der schärfste Einbruch der wirtschaftlichen Leistung Japans seit dem Quartal nach der Tsunami-Katastrophe vom März 2011.
Die Regierung in Tokio möchte daher den Streit mit China möglichst rasch beilegen. »Beide Länder verlieren«, wenn sich die Beziehungen weiter verschlechterten, meint Premierminister Yoshihiko Noda. Chinesische Vertreter, die bereits Schiffe ins Inselgebiet zur Patrouille geschickt haben, beharren aber auf ihrem Territorialanspruch. Angesichts anstehender Wahlen und Regierungswechsel in beiden Ländern ist es unwahrscheinlich, dass sich die Lage allzu schnell ändern wird.
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