Werbung

Bei den Dispozinsen werden die Kunden geschröpft

Worauf bei einem günstigen Konto zu achten ist

  • Lesedauer: 4 Min.
Der richtige Umgang mit Geld beginnt bei der Wahl eines günstigen Girokontos. Bei der Auswahl sollte der Dispozins eine wichtige Rolle spielen, denn im Alltag kann es leicht passieren, dass man sein Konto »überzieht«. Banken lassen sich den Dispositionskredit, kurz Dispo, jedoch gern teuer bezahlen.

Die historisch niedrigen Refinanzierungszinsen erlauben es Banken heute, so günstig wie fast nie Geld auf dem Finanzmarkt zu leihen. So können sich Kreditinstitute bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main für 0,75 Prozent Zinsen jederzeit und nahezu unbegrenzt Geld leihen.

»Gleichwohl liegen die von den Kreditinstituten verlangten Zinssätze für Dispo durchschnittlich bei elf Prozent«, beklagt ein Sprecher des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV) in Berlin. Wer sein Konto sogar über die mit der Bank vereinbarte Dispogrenze hinaus belastet, zahlt noch mehr: »Für die geduldete Überziehung wird in der Regel ein weiterer Prozentsatz aufgeschlagen, der in einigen Fällen vier bis fünf Prozent betragen kann.«

Dispokreditgeschäft zur Subventionierung genutzt

Eine vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Juli veröffentlichte Studie zu Dispozinsen und Ratenkrediten belegt, dass weder das Ausfallrisiko (mit 0,3 Prozent geringer als das Risiko bei Konsumentenkrediten mit 2,5 Prozent) noch gestiegene Verwaltungs- und Bearbeitungskosten die tatsächliche Höhe der Dispozinsen rechtfertigen können.

Es liegt also nahe, wird vom Bundesministerium geschlussfolgert, dass die Erträge aus dem Dispokreditgeschäft zur Quersubventionierung anderer Leistungen, wie beispielsweise der Kontoführung, oder zur Gewinnmaximierung verwendet würden. Dabei werden die Zinssätze für Dispokredite nicht wie bei anderen Finanzprodukten von Angebot und Nachfrage beeinflusst. Die hohen Zinssätze begründen zudem eine hohe Verschuldungsgefahr.

Dabei wählt die überwiegende Zahl der Verbraucher ihr Girokonto danach aus, wie viel es monatlich an Kontoführungsgebühr kostet und welche Leistungen das gewählte Kontomodell bereithält, etwa Online Banking, Kreditkarte oder die Verfügbarkeit von Geldautomaten in der Nähe.

Warum die Verbraucher oft so arglos sind

Dagegen spielen die Dispokosten bei der Auswahl des Girokontos meist eine untergeordnete Rolle. Erst recht eine Nebenrolle spielen die Konditionen der geduldeten Überziehung. Experten begründen diese Arglosigkeit damit, dass Verbraucher ein Girokonto nicht vorrangig zu dem Zweck eröffnen, den daran angekoppelten Dispo in Anspruch zu nehmen. Vielmehr geht es um den alltäglichen Zahlungsverkehr.

Der Verbraucherschutzverband (VZBV) fordert allerdings kein Ende des Dispos, sondern eine Deckelung der Gebühren: »Eine Entkoppelung von Girokonto und Dispokredit würde aus unserer Sicht das bestehende Bedürfnis von Verbrauchern an einer flexiblen Finanzierungsmöglichkeit zur Überbrückung kurzfristiger finanzieller Engpässe entgegenstehen.« Das Marktversagen zwinge jedoch den Gesetzgeber zum Handeln.

Doch verbesserte Transparenz- und Informationspflichten werden die Probleme allein nicht lösen können. Es sei daher dringend geboten, den weiteren Anstieg der Zinssätze zu bremsen und die Zinssätze zu deckeln. Der VZBV denkt dabei an einen gedeckelten Dispozins, der etwa bei sieben Prozent über dem EZB-Leitzins von zurzeit 0,75 Prozent liegen sollte.

Auch bei Schülerkonten schon auf den Dispo achten

»Auf die Einsicht der Banken kann man nicht hoffen. Hier muss der Staat eingreifen und eine gesetzliche Grenze ziehen«, sagt VZBV-Vorstand Gerd Billen. Er unterstützt damit eine Bundesratsinitiative aus Baden-Württemberg.

Bis es soweit ist, heißt es für Verbraucher, bei der Wahl von Bank und Konto auch auf Dispozinsen und geduldete Überziehung zu achten. Das macht schon Sinn bei Schüler- und Auszubildendenkonten, die häufig am Anfang noch gar keine Überziehungsmöglichkeit vorsehen. Als Faustformel gilt: Der Dispozins sollte die zehn Prozent nicht übersteigen.

Unsere Tipps
1. Da der tatsächliche Dispozins oft nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, sollten Sie Ihre Bank danach fragen, und zwar persönlich oder per E-Mail. Manchmal genügt aber auch schon eine Recherche im Internet, um die Zinssätze der in Frage kommenden Banken und Sparkassen abzufragen. Wer schon tief in den »roten« Dispozahlen steckt, sollte über einen Kredit nachdenken: Die meisten Konsum- und Ratenkredite sind weit günstiger als ein Dispokredit.

2. Wer sich bereits gebunden hat - dies dürfte die überwiegende Mehrzahl sein -, sollte sich vielleicht einmal die Zeit nehmen, um die frühere Entscheidung über die Wahl des Girokontos zu überprüfen. Der Wechsel des Kontos und der Bank ist heute sehr leicht möglich.

3. Viele große und kleine Finanzinstitute bieten ein Konto zum Nulltarif an. Doch Geld ist selbst beim Girokonto nicht alles: So muss beispielsweise auf Kontoauszügen klar erkennbar sein, was nur scheinbar selbstverständlich ist, nämlich, welcher Betrag zum aktuellen Zeitpunkt zinsfrei (!) verfügbar ist. Es ist vorgekommen, dass Banken und Sparkassen ihren Kunden Überziehungszinsen in Rechnung stellten, obwohl im Kontoauszug als »Neuer Kontostand« ein positives Guthaben verzeichnet war.

HERMANNUS PFEIFFER

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!