Der Krieg im Gazastreifen fordert seine Opfer
Notfallversorgung stößt an ihre Grenzen
Denn nach Jahren der Blockade fehlt es an allem: an Medikamenten. An Verbandmitteln. Und vor allem: an Strom. Immer wieder, mit jedem Luftangriff ein bisschen öfter, fällt im Gazastreifen das ohnehin schon marode Stromnetz aus. Und die Generatoren des größten Krankenhauses in dem dicht bevölkerten Landstrich werden mit Benzin betrieben. Benzin, dass durch die Tunnel unter der Grenze zu Ägypten hindurch nach Gaza gebracht wird. Und diese Tunnel sind ebenfalls das Ziel von Luftangriffen.
Im Hintergrund bricht Hektik aus: Israels Luftwaffe hat das Gebäude angegriffen, in dem de facto-Premierminister Ismail Hanijeh seinen Sitz hat. Im Schifa-Krankenhaus treffen nun die ersten Verletzten ein – die meisten werden von Angehörigen gebracht, viele von ihnen zu Fuß. Auch für Privatautos und Krankenwagen ist kaum noch Sprit da.
Hektik herrscht auch auf der anderen Seite des Grenzzauns: In den Kommunen in der israelischen Nachbarschaft warnen die gesamte Nacht über die Sirenen vor den Raketen, die aus dem Gazastreifen abgeschossen werden. Meist landen die Geschosse, die nicht von den Raketenabwehrsystemen abgefangen werden, in offenen Gebieten. Doch der rund um die Uhr andauernde Ausnahmezustand hat seine Wirkung bei der Zivilbevölkerung nicht verfehlt. In den Notaufnahmen der Krankenhäuser in der Region drängeln sich die Menschen am Rande des psychischen Zusammenbruchs, mit Herzinfarkten, Schockzuständen.
Und auch hier ist die Notfallversorgung nicht darauf eingestellt. Zwar hatte die Regierung zu Beginn Personal aus dem ganzen Land in die Umgebung des Gazastreifen entsandt. Doch nachdem auch Tel Aviv, und dann am Freitag nachmittag auch Jerusalem, unter Beschuss gerieten, wurde ein Teil der zusätzlichen Einsatzkräfte wieder abgezogen, denn auch im Zentrum des Landes spitzt sich die Versorgungslage langsam zu.
Ein Thema, über das man im Umfeld von Premierminister Benjamin Netanjahu nicht gerne spricht: Man sei sich sicher, dass die Notdienste der besonderen Situation gewachsen sein werden, heißt es dort lapidar. Vertreter des Ärzteverbandes bezeichnen das als „blanken Zynismus": Tatsächlich sei es die Regierung Netanjahu gewesen, die in ihrem „Sparwahn" die medizinische Versorgung bis an die Belastungsgrenze ausgedünnt habe – und das, obwohl Ärzte und Krankenschwestern immer wieder im Rahmen der Sozialproteste auf die angespannte Situation aufmerksam gemacht haben.
Doch noch unbefriedigender fällt die Antwort auf die Frage nach der Versorgungslage im Gazastreifen aus: Man setze alles daran, heißt es im israelischen Verteidigungsministerium, zivile Opfer zu vermeiden; Zivilpersonen sollten sich möglichst von Einrichtung der Hamas und anderer bewaffneter Gruppen fernhalten. Ob es einen Plan gibt, der die medizinische Versorgung im Gazastreifen gewährleisten soll? Man verweist auf das internationale Rote Kreuz.
Dort jedoch ist man ratlos. Man beobachte die Lage, sagt ein Sprecher, sehe aber im Moment nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten: Es sei die Sache der Konfliktparteien, sicher zu stellen dass Verletzte ausreichend versorgt werden.
Doch weder Israel, noch die Hamas scheinen sich zur Zeit ernsthaft mit den Opfern auseinander zu setzen. Und auch aus Ägypten scheint wenig Hilfe zu erwarten zu sein. Zwar besuchte Premierminister Hescham Kandil am Freitag während einer Kurzvisite auch das Schifa-Krankenhaus, und sicherte den Menschen in Gaza Unterstützung und Solidarität zu. Doch tatsächlich verändert hat sich dadurch bis jetzt nichts: Konkrete Absprachen, so ein Sprecher Kandils, seien nicht getroffen worden.
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