Schwarzer Freitag für Walmart

Mitarbeiter streiken für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Walmart-Mitarbeiter in den USA haben lange genug unter der Konzernpolitik ihres Arbeitgebers gelitten - heute wollen sie streiken.

Zum ersten Mal in ihrer Firmengeschichte steht der weltweit größten Einzelhandelskette Walmart am heutigen Freitag ein flächendeckender Streik bevor. In gut einem Viertel der 4000 Walmart-Filialen in den USA wird am »Black Friday«, dem umsatzstärksten Einkaufstag des Jahres, kein »Business as usual« herrschen. Die Gruppierungen, die den Ausstand in monatelanger Vorarbeit über soziale Netzwerke im Internet organisiert haben, heißen »Making Change at Walmart« und »Organisation United for Respect at Walmart« (OUR Walmart). Sie werden teils von der Dachgewerkschaft »United Food and Commercial Workers« finanziert, teils stützen sie sich auf einen Fonds von privaten Sponsoren.

Die Forderungen sind klassisch: höhere Löhne, bessere Bedingungen am Arbeitsplatz, Schluss mit der rabiaten konzerninternen »Hire-and-fire«-Politik, Vollzeitbeschäftigung und die Gründung einer Betriebskrankenkasse. Anlass für die Selbstorganisation, der sich angeblich mehrere Zehntausend Walmart-Angestellte angeschlossen haben, war ein Beschluss Walmarts, der die Mitarbeiter wütend machte: Sie mussten am Donnerstag, dem traditionellen Thanksgiving (Erntedankfest), das die US-Amerikaner abends im Familienkreis mit Truthahnessen verbringen, zur Arbeit erscheinen. Walmart bot in diesem Jahr erstmals Rabattwaren schon um 20 Uhr am Abend vor dem großen Kaufrauschtag an.

Der wird in den USA seit einem halben Jahrhundert »Black Friday« genannt und findet am Freitag nach Thanksgiving statt. Der Name geht angeblich darauf zurück, dass an diesem Tag die Geschäftsleute aus den roten in die schwarzen Zahlen kommen. Der »Black Friday« ist traditionell der erste große vorweihnachtliche Kaufrauschtag. Einzelhandelsketten wie Walmart versprechen sich davon Milliardenumsätze.

Es soll sich aber heute nicht um einen herkömmlichen zentralen Streik handeln. Vielmehr wollen die Mitarbeiter während des Geschäftsbetriebs Flugblätter verteilen und Streikgesänge anstimmen. In anderen Filialen werden »spontane« Betriebsversammlungen stattfinden. In einigen sollen sich unauffällige Kunden als Demonstranten entpuppen. Es gibt zudem Pläne, die Arbeit an den Kassen zu verlangsamen und dadurch lange Warteschlangen entstehen zu lassen. Occupy Wall Street ruft dazu auf, im Bundesstaat New Jersey eine riesige Walmart-Filiale zu besetzen.

Rund 1,3 Millionen Menschen arbeiten in den US-amerikanischen Filialen. Zu den immer wiederkehrenden Klagen gehören die schlechten Stundenlöhne. Viele Walmart-Mitarbeiter sehen sich deshalb gezwungen, Lebensmittelmarken zu beantragen, und gehören damit zu den klassischen »Working Poor« - sie sind arm trotz Arbeit. Walmart ist außerdem berüchtigt für sein gewerkschaftsfeindliches Betriebsklima. Organisierungsversuche werden mit Spitzelei, Drohungen, individueller Kurzarbeit und Entlassungen geahndet.

Noch vor einem Jahr hatte OUR Walmart nur 100 Mitglieder. Inzwischen ist die inoffizielle Gewerkschaft in 43 Bundesstaaten vertreten und auf mehrere Tausend Mitglieder angewachsen. Der Beitrag kostet monatlich fünf Dollar. Im Oktober machte die Gruppe mit einigen Streiks erstmals auf sich aufmerksam.

Das Walmart-Imperium gehört dem sprichwörtlichen reichsten Prozent der US-Amerikaner. Laut der Zeitschrift »Forbes« haben die sechs Erben der Familie Walton zusammengenommen ein Vermögen von 115 Milliarden Dollar angehäuft. Ein Mitarbeiter verdient dagegen im Durchschnitt 8,81 Dollar pro Stunde.

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