Unüberhörbar leise

Der Ball rollt - die Fans schweigen

  • Jörg Soldwisch, SID
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei den Partien der ersten und zweiten Bundesliga in dieser englischen Woche schwiegen die Fans genau 12:12 Minuten lang, um gegen das Sicherheitspapier der DFL zu protestieren. Der Druck auf DFL und Vereine wächst.

Stille als lauter Protest: Mit ihrem bedrückenden Stimmungsboykott von 12 Minuten und 12 Sekunden haben sich die Fußball-Fans in der ersten und zweiten Liga für alle »unüberhörbar« gegen das umstrittene Sicherheitskonzept zur Wehr gesetzt.

Beim Auftakt der Aktion mit dem Motto »Ohne Stimme - keine Stimmung«, die die Stadion-Atmosphäre auch an den kommenden zwei Spieltagen prägen wird, erfreuten sich die Anhänger über viel Solidarität von den Rängen, sodass die Verbände weiter unter Zugzwang geraten sind. Die Spieler und Trainer agierten derweil zwischen Verständnis und Verwirrung.

»Ich habe mich erst gewundert, weil ich nicht wusste, worum es geht. Das musste ich mir erstmal auf der Bank erklären lassen. Ich dachte zuerst, sie protestieren, weil wir in Düsseldorf so schlecht gespielt haben«, sagte Hamburgs Trainer Thorsten Fink.

Spätestens seit Dienstagabend dürften aber alle wissen, worum es geht. »Der Protest soll den Vereinen vor Augen führen, wie die Situation sein würde, wenn wir nicht da wären«, sagte Philipp Markhardt, Sprecher der verantwortlichen Fan-Initiative »12:12«. In allen acht Partien der ersten und zweiten Liga verzichtete das Gros der Fans zunächst auf Gesänge und Choreographien, erst nach Ablauf von 12:12 Minuten wurde es laut in den Arenen.

Einzig in Hannover unterbrachen die 96-Anhänger nach dem 1:0 durch Mame Diouf in der vierten Minute kurz ihr Schweigen. Besondere Gänsehaut verbreitete die Stille in der mit über 80 000 Besuchern gefüllten Dortmunder Arena. Die berüchtigte Südtribüne bekam für ihre Protestaktion aber viel Applaus von den Besuchern auf den teureren Plätzen auf den Geraden. BVB-Kapitän Sebastian Kehl sprach hinterher von einem »komischen Gefühl« und meinte: »Die Fans wollten ein klares Zeichen setzen zum DFL-Papier.« Es ist ihnen gelungen.

Das umstrittene Konzept, über das am 12. Dezember in Frankfurt am Main die 36 Profiklubs in ihrer Mitgliederversammlung abstimmen sollen, bedrohe nach Ansicht vieler organisierter Gruppen die Fankultur in Deutschland. Als Entgegenkommen der Deutschen Fußball Liga (DFL) soll das Konzept im Vorfeld allen Fans zugänglich gemacht werden. Im Laufe des Donnerstags sollen laut DFL die entsprechenden Anträge des Ligavorstandes auf der Internetseite »bundesliga.de« online gestellt werden.

Das allein wird sicher nicht ausreichen, um die Kluft zwischen Anhängern und Verbänden zu überwinden. »Auf jeden Fall haben DFL und DFB jetzt mitbekommen, dass selbst rivalisierende Fangruppen in dieser Sache an einem Strang ziehen. Das wird die Herren sicher beeindruckt haben«, sagte Ben Praße von der Initiative »Unsere Kurve«.

Nach drei Spieltagen muss nicht unbedingt Schluss sein mit der Aktion: Für den Fall, dass auch das überarbeitete Sicherheitskonzept bei den Fanorganisationen auf Ablehnung stoßen sollte, droht der Stimmungsboykott zum Dauerthema zu werden. »Sollten wir unsere Ziele bis zum 12. Dezember nicht erreichen, könnte es weitergehen«, kündigte Markhardt an.

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