Beten wie Gott in Frankreich

Am Freitag soll in einem Vorort von Paris die erste schwulenfreundliche Moschee eröffnen

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 3 Min.
Der in Frankreich lebende Algerier Mohammed Ludovic Zahed will in einem Vorort von Paris eine Moschee für Homosexuelle eröffnen. Dabei kämpft er nicht nur gegen Anfeindungen seiner Glaubensbrüder, sondern auch mit den Gesetzen des französischen Staates.

Franzose, Muslim, schwul und Feminist - so beschreibt sich Mohammad Ludovic Zahed. Dass er eigentlich einen algerischen Pass hat, fehlt in der Auflistung. Denn ein Leben in einem mehrheitlich islamischen Land kann sich Zahed nicht mehr vorstellen. Zu groß ist seine Angst vor Anfeindungen.

Der Grund dafür liegt nicht nur in Zaheds Sexualität. Am Freitag will er in einem Vorort von Paris eine Moschee eröffnen. Das Besondere: Frauen sollen dort zusammen mit Männern beten, gleichgeschlechtliche Paare die Ehe schließen können.

In einem Interview mit der türkischen Tageszeitung »Hürriyet« erklärt Zahed sein Vorhaben: »In normalen Moscheen müssen Frauen auf den hinteren Plätzen sitzen und schwule Männer müssen Angst vor verbalen wie körperlichen Aggressionen haben.« Auf die Idee, die erste »schwulenfreundliche Moschee« des Landes zu gründen, kam er nach eigener Aussage während der Hadsch: »Nachdem ich von der Pilgerfahrt zurückkam, realisierte ich, dass eine Moschee für schwule Muslime, die beten wollen, eine Notwendigkeit ist.« In den Räumen eines buddhistischen Tempels in einem Pariser Vorort sollen nun vorerst die ersten Unisex-Gottesdienste stattfinden.

Einen Widerspruch zwischen seiner Sexualität und Religiösität sieht Zahed nicht. Obwohl einige islamische Überlieferungen vorschreiben, gleichgeschlechtlichen Sex mit dem Tod zu bestrafen, sei die »strenge, dogmatische Interpretation des Koran« nur eine mögliche Auslegung, schreibt er in einer Stellungnahme. Nach 15 Jahren des Koran-Studiums sei er hingegen zu der Erkenntnis gelangt, dass weder »Homophobie noch Frauenfeindlichkeit der Ethik des Islam« entsprechen.

Auch Zaheds Privatleben gibt Einblick in eine andere Facette einer Religion, die oft mit sexueller Diskriminierung assoziiert wird: Auf einer Aids-Konferenz in Südafrika lernte er seinen Partner Qiyam al-Din kennen. Während sie unter den liberalen Gesetzen des Landes zum ersten Mal heirateten, verweigerten französische Behörden der Ehe die Anerkennung. Trotzdem: In einem Vorort von Paris heirateten die beiden im Februar dieses Jahres erneut - nach islamischem Scharia-Recht. Nicht ein französischer Standesbeamte, sondern ein mauretanischer Imam sprach die Traurede. Die Gesetze des französischen Staates stellten ihn mittlerweile vor größere Hürden als die Diskriminierung durch Muslime, so Zahed.

Nicht nur von Drohanrufen und Anfeindungen durch Glaubensbrüder berichtet er. Auch in seinem nichtmuslimischen Umfeld erfahren er und andere französische Muslime Diskriminierung. Gleichgeschlechtliche Ehen sind in Frankreich verboten. Zehntausende Franzosen demonstrierten in den vergangenen Wochen gegen eine Gesetzesänderung, die Frankreichs Präsident François Hollande als »Heirat für alle«-Plan vorstellte. Die Adressaten von Zaheds Projekt seien deshalb nicht nur homosexuelle Muslime. Hoffnung wolle er stiften: für »französische Muslime und darüber hinaus alle Franzosen«.

Und auch sein größter Wunsch richtet sich nicht an seine Glaubensbrüder sondern an den französischen Gesetzgeber: die Legalisierung seiner Ehe. Andernfalls werde ein weiteres Land zu der langen Liste hinzukommen, die er aus Angst vor Verfolgung nicht betritt: Frankreich.

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