CAAT - eine Katze, die nicht schmust

Die britische Kampagne ist vielmehr ein Tiger gegen die Todeshändler

  • Ian King, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Für ihre »innovativen und effektiven Kampagnen gegen den globalen Waffenhandel« wird die 1974 in Großbritannien gegründete britische Campaign Against Arms Trade (CAAT) mit einem der Right Livelihood Awards 2012 ausgezeichnet.
»Schuldig«: CAAT-Urteil über die britische Waffenschmiede BAE
»Schuldig«: CAAT-Urteil über die britische Waffenschmiede BAE

Seit 38 Jahren kämpft die Campaign Against the Arms Trade (Kampagne gegen den Waffenhandel), von ihren Anhängern liebevoll zu CAAT abgekürzt, zäh und unablässig gegen britische Waffenverkäufe. Regierungen und Hersteller von Kriegsgerät fürchten die mit nur neun Mitarbeitern im Norden Londons beheimatete Organisation. Jetzt hat sie einen internationalen Preis gewonnen: zu Recht.

Vor wenigen Wochen reiste der britische Premier David Cameron im Regierungsflieger nach Dubai, Oman und Saudi-Arabien, in seinem Tross die Manager der größten britischen Waffenhersteller. Aber kein Journalist, kein Pressefotograf durfte ihn begleiten. Denn Waffen in undemokratische Drittweltstaaten zu verkaufen, die zu Hause die Menschenrechte mit Füßen treten und die Reformversuche bei ihren Nachbarn sabotieren, gilt fast drei Vierteln der Briten als verpönt, ja inakzeptabel. So musste der Wolf Cameron Kreide fressen: Er werde sehr wohl mit den Ölscheichs über das Fehlen von Menschenrechten in ihrem Herrschaftsbereich sprechen, nicht nur über den Verkauf von hundert Typhoon-Militärflugzeugen, von Handfeuerwaffen und Munition.

Der sonst so selbstsichere Börsenmaklersohn zeigt sich in der Öffentlichkeit nicht gern mit dem Vorstandsvorsitzenden der Waffenschmiede BAE Systems, Ian King (mit dem Autor dieses Beitrags weder versippt noch verschwägert). Cameron schämt sich, mit den Waffenexporteuren abgelichtet zu werden. Ein symbolischer Erfolg für CAAT.

Die kleine Gruppe führt gegen die Millionenumsätze der Waffenhändler einen ungleichen Kampf. Das erfordert im Gegenzug: nie aufgeben, aber pfiffig ans Werk gehen, als eine Art pazifistischer Guerillatruppe. Waffen verschlimmern Konflikte, werden für Aggressionskriege und das Schüren von Spannungen missbraucht, helfen Unterdrückungsregimes, unterminieren die Demokratie und vergeuden wertvolle Ressourcen, die für soziale Zwecke besser zu gebrauchen wären. Waffenfirmen verlangen und bekommen für ihre Geschäfte sogar Subventionen von den Steuerzahlern. Eine Demilitarisierung muss her. Das ist das CAAT-Selbstverständnis.

Die Katze hat für den Frieden auch andere Siege errungen. Den Al-Yamamah-Waffendeal zwischen BAE-Systems und Saudi-Arabien, durch den im Jahre 1985 Militärflugzeuge höchst gewinnbringend an die Saudis verhökert wurden, ließ Margaret Thatcher damals als Exporterfolg in hohen Tönen preisen. Dass Saudi-Prinzen dabei Millionen an Bestechungsgeldern eingesteckt hatten, wurde erst Jahre später ans Licht gezerrt. Als der spätere Premierminister Tony Blair 2007 den Skandal unter den Teppich kehren wollte, zog CAAT gegen den Vertuschungsversuch vor Gericht. Heute schaut man den Chefs der Waffendealer genauer auf die Finger.

CAAT bleibt auch auf anderen Gebieten aktiv. Die Kampagne »Nennt und beschämt« die Aussteller bei Waffenmessen, unterstützt ethische Investitionen und bekämpft beispielsweise Firmen im »Verteidigungssektor«, die Universitäten oder Museen sponsern, um ihre Waren dort preisen und ihnen genehme Forschung mitfinanzieren zu dürfen.

David Cameron und Außenminister William Hague lobten zwar öffentlich den arabischen Aufstand gegen korrupte Herrscher. Aber gleichzeitig versorgten britische Militärhändler die Polizei in Bahrein und ihre militärischen Helfer aus Saudi-Arabien mit Handfeuerwaffen und Munition, die gegen demokratisch gesinnte Demonstranten eingesetzt wurden. CAAT prangert diese Scheinheiligkeit an, Seite an Seite mit Kollegen im European Network Against Arms Trade, aber auch mit Gleichgesinnten in Südafrika und den USA.

CAAT ist also keine schnurrende Hauskatze, sondern ein Raubtier für den Frieden, ein Tiger gegen die Todeshändler. Ein würdiger Preisträger.

Der Autor ist 1. Vorsitzender der Kurt Tucholsky-Gesellschaft, die seit einem Jahr den deutschen »Aufschrei gegen den Waffenhandel« unterstützt.

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