Ein Abend voller Lob und Lacher
»nd im club«: Reporterlegende Heinz Florian Oertel hatte reichlich Besuch
Eine solche Schar von Prominenz aus dem DDR-Sport hatte sich im nd-Gebäude lange nicht versammelt. Auf dem Podium saßen Stichwortgeber Peter-Michael Diestel und Dampfplauderer Heinz Florian Oertel, der nächste Woche (11. Dezember) seinen 85. Geburtstag begeht. Und dazu gekommen waren viele Sportasse von einst, Olympiamedaillengewinner, Welt- und Europameister, die auf ihre Weise dem Jubilar ihre Reverenz erweisen wollten.
Der Münzenbergsaal am Franz-Mehring-Platz war proppenvoll. 150 Besucher wollten sich dieses Vergnügen nicht entgehen lassen. Und sie kamen voll auf ihre Kosten. Was als Buchlesung angekündigt war, entpuppte sich als eine amüsante Vor-Geburtstagsparty, wofür die Altstars von Wolfgang Behrendt bis Christine Stüber-Errath mit herzerfrischenden Reminiszenzen sorgten.
Denn während sich Diestel und Oertel die Bälle zuspielten und Oertel dabei seine Reporterkarriere Revue passieren ließ, gab es mittendrin Auftritte der Jubiläumsgäste. Diese hatten - zusammen mit 55 Sportlerpersönlichkeiten aus DDR-Zeiten - dem Jubilar ein Buch gewidmet: »Nennen Sie Ihre Söhne Waldemar!« - in Erinnerung an Oertels legendäre Reportage nach dem zweiten Marathon-Olympiasieg von Waldemar Cierpinski 1980 in Moskau.
Am Mittwochabend nun traten die Sportlegenden selbst in Aktion: Täve Schur schilderte, wie er sich bei seinem ersten Friedensfahrt-Etappensieg im Leipziger Bruno-Plache-Stadion über den euphorischen Ausruf Oertels »Wir haben gewonnen!« gewundert habe: »Was denn, dachte ich, Oertel hat auch gewonnen? Der saß doch die ganze Zeit im trockenen, warmen Reporterauto, während ich mich auf den Straßen abstrampelte!« Täve hatte die Lacher auf seiner Seite und erinnerte gleichzeitig daran, wie Oertel mit seinen blumigen Reportagen die Menschen am Radio fesselte, insgesamt 17 Mal. Eiskunstläuferin Gaby Seyfert brachte ihr Kompliment an »Flori« auf den kurzen Nenner: »Du gehörst zum schönsten Teil meines Lebens.« Auch Christine Stüber-Errath, 1973 mit 16 Jahren jüngste Eiskunstlauf-Europameisterin aller Zeiten, wand Oertel einen Kranz: »Jede Sportart, die du übertragen hast, wurde zu einem Erlebnis.«
Dafür stach Fußballnationaltrainer Bernd Stange ein bisschen ins Wespennest: »Die alte Trainergarde von Buschner bis Krügel hielt nicht viel von dir: Oertel habe keine Ahnung vom Fußball, der solle lieber beim Eiskunstlauf bleiben, sagten sie. Aber mal ehrlich: Wer bei acht Fußballweltmeisterschaften dabei war, soll ahnungslos sein? Nein, gerade dein Kenntnisreichtum hat uns immer beeindruckt.« Und Fußballer Peter Ducke meinte gerührt: »Flori, ich danke dir, dass du meinen Namen in die Welt getragen hast.« Oertel konterte: »Für die Gegner warst du ein Gräuel, für mich ein liebenswerter Teufel, einer der besten Fußballer.«
So ging das munter weiter, mehr als anderthalb Stunden lang. Ob auf der Bühne als Gratulanten oder im Publikum - die einstigen Leichtathleten Gunhild Hoffmeister, Hans Grodotzki oder Gloria Siebert, die Turnerin Birgit Michailoff-Radochla oder Radsprinter Werner Otto - alle hatten ihr Vergnügen, und Oertel sowieso.
Zum Schluss schwofte der ganze Münzenbergsaal, als der einstige Boxer Wolfgang Behrendt (fast auf den Tag genau vor 56 Jahren erster Olympiasieger der DDR) zur Trompete griff und Oertel ein Vorab-Geburtstagsständchen darbot - mit Da Capo, versteht sich.
Oertel wäre nicht Oertel, wenn er nicht auch in dieser Runde die Komplimente weitergegeben hätte: »Ohne eure überragenden Leistungen«, sagte er zu den einstigen Sportstars, »wäre meine Karriere als Sportreporter so gar nicht möglich gewesen.«
Manfred Gößinger (Hrsg.), »Sportler über Heinz Florian Oertel, Nennen Sie Ihre Söhne Waldemar!«, Verlag Das Neue Berlin, 16,95 €. Erhältlich im nd-Shop unter 030/29 78 17 77
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