Wortbruch
Olaf Standke über die Stationierung deutscher »Patriot«-Raketen in der Türkei
Russlands Außenminister Lawrow zeigte sich überrascht und sprach gar von Wortbruch. Gerade hatten sich Moskau und Washington darauf verständigt, trotz anhaltend schwerer Kämpfe in Syrien ihre Bemühungen um einen politischen Prozess zur Beendigung des Konflikts fortzusetzen. Ziel sollte sein, was die UN-Vetomächte und Länder der Nahostregion im Juni vereinbart hatten: die Bildung einer Übergangsregierung, auch unter Einbeziehung des Assad-Regimes. Doch kaum gesagt, verkündete USA-Präsident Obama wie schon zuvor die EU die Anerkennung der syrischen Oppositionskoalition als legitimen Vertreter der Bevölkerung. Nach diesem Vorbild folgten nun bei einem Treffen in Marrakesch weitere Staaten.
Der Schritt bedeute natürlich auch Verantwortung, so Obama. Nur, wie wird er sie wahrnehmen? Waffenlieferungen an Assads Gegner seien mit der Anerkennung nicht verbunden, ist aus Washington offiziell zu hören; doch wissen Insider zu berichten, dass damit eine Tür in diese Richtung weit geöffnet worden sei. Die Rebellen sind da weniger verbrämt und haben umgehend nach schwerem Kriegsgerät gerufen. Schon seit Längerem sprechen Sicherheitsexperten davon, dass die USA eine Intervention vorbereiteten. Inzwischen hat der Senat das Pentagon beauftragt, konkrete Optionen für ein militärisches Eingreifen vorzulegen. Und auch die Stationierung deutscher »Patriot«-Raketen im türkisch-syrischen Grenzgebiet passt in dieses Bild. Der vor einem halben Jahr in Genf vereinbarte politische Dialog aber wurde nie ernsthaft in Angriff genommen.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!