Arbeitslos - aber trainiert

Tobias Riegel über geplante Coachings für Arbeitslose

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 1 Min.

Es klingt zunächst spektakulär, anpackend und nach konzertierter Aktion, was Berlins Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) für den hauptstädtischen Arbeitsmarkt fordert - leider schrumpft es bei näherem Hinsehen aber zum grundfalschen Aktionismus. Denn die Idee, jedem einzelnen Arbeitslosen einen Coach (»Trainer«) zur Seite zu stellen, folgt gleich zwei irrigen Annahmen: Zum einen, dass es auf dem Arbeitsmarkt genug Jobs für alle gibt, zum anderen, dass die Arbeitslosen nur zu dumm sind, eine ordentliche Bewerbung zu schreiben. Oft genug bedeutet »Coaching« im Arbeitsamts-Jargon auch schlicht Schikane. Kolat bietet also zum Jahreswechsel nicht nur keinen Politikwechsel an, sie zementiert mit ihrer Forderung gängige Fehlinformationen zur Beschäftigungspolitik. Das als »völlig neuen Weg« (Kolat) anzupreisen, ist fast schon dreist. Ganz abgesehen von der Frage, wie dieses Heer der Berliner Hartz-IV-Motivatoren bezahlt werden soll.

Einen positiven Aspekt aber hat der Plan: Um die Schaffung massenhafter staatlicher Jobs wird niemand herum kommen, der die Arbeitslosigkeit nicht nur auf dem Papier oder durch den totalen Rechteverzicht von Niedriglohn- und Leiharbeitern verringern will. Diese neuen Arbeitsstellen aber ausgerechnet bei der Arbeitsagentur anzusiedeln - und nicht in Pflege, Bildung, Kultur oder Infrastruktur - ist grotesk.

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