Union Jack entflammt Belfast
Krawalle pro-britischer Loyalisten in nordirischer Hauptstadt halten an
Seit fünf Tagen herrscht wieder der Ausnahmezustand in Belfast. Weitgehend friedliche Proteste endeten in Krawallen. In der nordirischen Metropole bewarfen mehrere Dutzend Demonstranten Polizisten mit Absperrgittern, Steinen, Feuerwerkskörpern und Flaschen. Auch Autos wurden in Brand gesteckt. Am Wochenende sollen sogar Schüsse gefallen sein. Es sind Loyalisten, die gewalttätig gegen die Entscheidung der Stadtregierung protestieren, die britische Flagge nur noch an bestimmten Tagen auf Belfasts Rathaus zu hissen.
Am 3. Dezember entschied die Mehrheit der Stadtverwaltung, den Union Jack nur noch an 20 Tagen im Jahr an öffentlichen Gebäuden aufzuziehen. Damit setzten sich die Nationalisten in der Stadtregierung durch. Ihr Ziel ist die vollkommene Abschaffung britischer Symbole in Nordirland. Loyalisten hingegen, die sich nach wie vor Großbritannien zugehörig fühlen, sehen den Beschluss als einen Angriff auf ihre kulturelle Identität. Entsprechend kam es schon wenige Minuten nach dem Entschluss in Ost-Belfast zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Mehr als 15 Polizisten wurden dabei schwer verletzt.
Im vergangenen Jahr endeten Paraden und Demonstrationen nordirischer Loyalisten immer wieder in Gewalt. Protestantische Langzeitarbeitslose sehen sich als Verlierer des Friedensprozesses. Auch die Tatsache, dass das Friedensabkommen Nordirlands Verbleib im Vereinigten Königreich zementiert, hat die loyalistische Basis im Norden nicht beruhigt.
Seit den Krawallen Anfang Dezember weht die britische Flagge nicht mehr über Belfasts Rathaus. In Erwartung des morgigen Tages, an dem die Fahne zum Geburtstag der Herzogin von Cambridge, Kate Middleton, zum ersten Mal wieder gehisst werden soll, entbrannten vor fünf Tagen erneut Proteste. Der nordirische Polizeipräsident Matt Baggott sagte am Montag, dass Mitglieder der paramilitärischen Gruppe Ulster Volunteer Force hinter einigen der »Anschläge« auf Polizeibeamte vermutet werden. Er warnte die Loyalisten, die Polizei werde scharf gegen gewalttätige Demonstranten vorgehen. Insgesamt wurden bereits mehr als 62 Polizisten verletzt, 96 Menschen festgenommen. Gegen ein Großteil der Festgenommenen wurden bereits Strafverfahren eröffnet. Ein 38-Jähriger wurde für den Besitz von Schusswaffen und gewalttätiger Randalen verurteilt. Der Polizeipräsident äußerte sich zudem besorgt über eine zunehmende Zahl minderjähriger Demonstranten. »Diese Jugendlichen und Kinder riskieren ihre Zukunft und die unserer Region«, betonte er.
Obwohl die Parteiführer der beiden größten Unionisten-Parteien, die Democratic Unionist und die Ulster Unionist Partei, zum Ende der Krawalle aufrufen, ist keine Beruhigung in Sicht. Im Gegenteil, die Proteste beschränken sich längst nicht mehr nur auf Belfast.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.