Kranke Arbeit
Rainer Balcerowiak über die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse
Arbeit macht krank. Nicht immer, aber immer öfter. Dabei geht es längst nicht mehr nur um den Verschleiß durch schwere körperliche Tätigkeiten oder spezielle Berufskrankheiten wie etwa die Staublunge im Steinkohlebergbau. Vielmehr führt das, was Unternehmer gerne als »Produktivitätssteigerung« und »Flexibilisierung« abfeiern, für immer mehr Menschen quer durch alle Branchen zu Angst- und Stresszuständen, die bei entsprechender Intensität in manifeste psychische Erkrankungen münden können. Schon lange haben nicht nur Gewerkschaften und Arbeitsmediziner vor dieser dramatischen Entwicklung gewarnt. Doch erst jetzt, da die Zahl der durch Psychostress bedingten Fehltage und Frühverrentungen regelrecht in die Höhe schießt und nennenswerte ökonomische Schäden verursacht, sind Unternehmerverbände und Bundesregierung bereit, einige stressfördernde Auswüchse in der Arbeitswelt einzudämmen.
Entsprechende Reformen des Arbeitsschutzrechtes und bessere Kontrollen seiner Einhaltung sind richtige Schritte, die - falls sie konsequent umgesetzt werden - vielen Betroffenen helfen können. Dennoch bleibt es ein Herumdoktern an Symptomen. Solange prekäre Arbeitsverhältnisse und Armutslöhne als »Wachstumsfaktoren« gelten und weiter um sich greifen, werden angst- und stressbedingte Erkrankungen weiter zunehmen. Anders gesagt: Nicht Arbeit macht krank, sondern die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse.
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