Patt matt
Gabriele Oertel über den Wahlausgang in Niedersachsen
Die Zeiten, da nach jedem Urnengang vor Kameras und Mikrofonen fast ausschließlich Gewinner auszumachen waren, scheinen vorüber. Und das nicht nur, weil am Sonntagabend in Hannover über Stunden keiner wissen konnte, wohin die Waage sich neigt. Vielen Politikern fielen diesmal die sattsam bekannten Siegerposen aus anderem Grund sichtlich schwerer. Wenn stimmt, dass das Niedersachsenvotum als Orakel für die Bundestagswahl gilt, ist die Nachdenklichkeit über eine womöglich im Herbst wiederkehrende Patt-matt-Situation verständlich.
Die Union hat eben nicht nur erneut einen Ministerpräsidenten und die Bundesratsmehrheit verloren, sondern plötzlich auch eine angeschlagene Kanzlerin zu beklagen, die bislang über allem Irdischen zu schweben schien. Die FDP wird ob ihres zweifelhaften Leihstimmenerfolges den ungeliebten Vorsitzenden nun doch nicht so schnell los, wohl aber die Gunst von CDU und CSU. Die SPD ist durch den Schwein-gehabt-Erfolg in Hannover dazu verdammt, mit dem glücklosen Kanzlerkandidaten weiter zu bangen, was auch den Grünen zunehmend Sorgen bereitet. Und Linkspartei wie Piraten, die die festgefahrene Situation zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün noch ein wenig aufmischen und zugleich eine Große Koalition im Bund als einzig mögliche Alternative ad absurdum führen könnten, sind zunächst ganz aus dem Rennen.
Früher waren immer alle Parteien irgendwie Gewinner. Heute sind alle irgendwo auch Verlierer. Ganz zu schweigen von den Wählern.
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