Falsche Partner gegen Hunger

Die Bundesregierung macht Großkonzerne zu Partnern in der Entwicklungshilfe - mit negativen Folgen für die Dritte Welt

  • Benjamin Beutler
  • Lesedauer: 2 Min.
Laut einer Studie gehen Partnerschaften zwischen Staaten und Konzernen oft auf Kosten der Bauern und der Nahrungsmittelsicherheit.

Passend zur morgen zu Ende gehenden Grünen Woche verweist die Bundesregierung auf ihren Kampf gegen Nahrungsmittelknappheit. »Wir dürfen Hunger nicht wie ein Schicksal hinnehmen. Wir können und müssen den millionenfachen Hunger besiegen«, erklärt Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). Seit seinem Amtsantritt habe er »ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung zu einem politischen Schwerpunkt ausgebaut«, heißt es im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Gewinner des Engagements seien Kleinbauern und Hungernde weltweit. Über 700 Millionen Euro werden jährlich in die »Förderung ländlicher Entwicklung und Landwirtschaft« gepumpt, elf Prozent des BMZ-Budgets.

Im Windschatten der Versprechen segeln die Partner deutscher Entwicklungshilfe. Denn als Wunderwaffe gegen die Probleme der Dritten Welt hat Niebel, der 2011 der »Zeit« erklärte, dass von »jedem Euro, der für die Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben wird, 1,80 Euro in die deutsche Wirtschaft zurückfließen«, Agrar- und Ernährungskonzerne in Stellung gebracht. Hunger in Afrika, Asien und Lateinamerika, so die Idee, könnte durch mehr Kapital, Welthandel, Know-how und Dünger besiegt werden. Deshalb wird auf öffentlich-private Partnerschaften (PPP) mit Multis wie BASF und Bayer gesetzt. So sollen »Kleinbauern Zugang zu Märkten, beruflicher Qualifizierung und Finanzdienstleistungen erhalten«.

Sind Großkonzerne geeignete Partner im Kampf gegen Hunger? Eine Studie des Forums Umwelt und Entwicklung kommt zu einem wenig überraschenden Ergebnis: »Die strukturellen Ursachen des Hungerproblems werden ebenso ausgeblendet wie der Zusammenhang zwischen den proklamierten ›guten Taten‹ von Konzernen und deren eigentlichem Geschäftsmodell«, resümiert Autor Benjamin Luig. Stattdessen greife das BMZ dem Kerngeschäft von Handelsgiganten wie Metro in Vietnam, Schokoladenherstellern wie Ritter in Nicaragua oder Mars in Côte d'Ivoire sowie dem Düngemittelriesen Bayer in Guatemala direkt unter die Arme.

Kritisch sieht Luig, Experte für Agrarpolitik beim katholischen Hilfswerk Misereor, wenn Kleinbauern für Abnehmer aus den Industrieländern anpflanzen. Funktionierende Märkte vor Ort würden zerstört. Wegen horrender Mehrkosten durch hohe Standards und riesige Abnahmemengen profitieren in Afrika nur fünf Prozent aller Kleinbauern von mehr Weltmarkt. Der Anbau von Monokulturen auf Geheiß von Großabnehmern gefährde gar die heimische Nahrungsmittelsicherheit.

Die Gewinner sind klar. Gemüsebauern in Simbabwe und Kenia, die für Supermärkte in Europa produzieren, erhalten 14 Prozent des Ladenpreises. Die Supermärkte kassieren 45 Prozent. Früchte hingegen trägt die durch PPP beförderte Verquickung von Staat und »beratender« Wirtschaft. Die fördere nämlich, so die Studie, »Marktzugang und Durchsetzung von industriefreundlichen Regelungen auf Länderebene«.

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