Tote bei Protesten gegen Mursi-Regierung
Ägypten zwei Jahre nach der Revolution: Armee rückt in Suez ein
Kairo (dpa/nd). Bei Protesten gegen Präsident Mohammed Mursi und seine von den Islamisten kontrollierte Regierung sind in Ägypten mindestens neun Menschen getötet worden. Mehr als 400 weitere wurden nach Angaben von Ärzten und Sanitätern verletzt. Im ganzen Land waren am zweiten Jahrestag der Revolution gegen den früheren Präsidenten Husni Mubarak Tausende auf die Straßen gegangen. Vielfach kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Mursi rief in der Nacht zum Samstag über den Kurznachrichtendienst Twitter zur Ruhe auf und verurteilte die „abscheuliche Gewalt“.
„Ich fordere alle Bürger auf, ihre Meinung im Sinne der noblen Prinzipien der ägyptischen Revolution friedlich und frei auszudrücken“, schrieb der Präsident und kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Gewalttäter an. „Die ägyptischen Behörden werden die Kriminellen jagen und sie vor Gericht bringen“, versprach er. Außerdem werde alles getan, „um friedliche Demonstrationen zu sichern und zu schützen“. Mursi hatte am Donnerstag von einer „Konterrevolution“ gesprochen. Er behauptete, die Proteste würden von „Überbleibseln des Mubarak-Regimes“ gesteuert.
Die schwersten Ausschreitungen gab es am Freitag in Suez. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden neun junge Männer erschossen, als Demonstranten das Gouverneursgebäude in der Kanal-Stadt stürmen wollten. Noch in der Nacht zum Samstag wurden Militäreinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen nach Suez verlegt. Gewalt auf den Straßen gab es auch in den Metropolen Kairo und Alexandria. Aktivistinnen berichteten zudem von sexuellen Übergriffen auf dem Tahrir-Platz in Kairo, wo die zentrale Kundgebung der Opposition stattfand.
In Ismailia am Suez-Kanal zündeten Randalierer das Parteibüro der Muslimbrüder an und verwüsteten das Gouverneursgebäude, wie der TV-Sender Al-Arabija berichtete. Am Nachmittag hatten auf dem Tahrir-Platz in Kairo Zehntausende Oppositionelle gegen die regierenden Islamisten demonstriert, denen sie vorwarfen, sie hätten die „Ziele der Revolution des 25. Januar 2011 verraten“.
„Freiheit, Brot und soziale Gerechtigkeit“ riefen Zehntausende von Demonstranten und „Nieder mit der Herrschaft der Muslimbrüder“. Auch rund um den Präsidentenpalast kam es am Abend zu Straßenschlachten, bei denen Steine flogen. Die Ordnungspolizei setzte Tränengas ein. Staatschef Mohammed Mursi fuhr durch einen Hintereingang in den von Demonstranten belagerten Präsidentenpalast.
Die Muslimbrüder, die Mursi im vergangenen Jahr als ihren Kandidaten für die Präsidentenwahl nominiert hatten, beteiligten sich nicht an den Protestaktionen. Bei dem ersten „Revolutionsgeburtstag“ 2012 waren die Islamisten mit dabei gewesen. Damals war noch der Militärrat an der Macht, der Mubarak ein Jahr zuvor zum Rücktritt gezwungen hatte. Der Aufstand hatte am 25. Januar 2011 begonnen und 17 Tage später zum Rücktritt Mubaraks geführt.
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