Der Prager Ossi
Detlef D. Pries über die tschechische Präsidentenwahl
Auf deutsche Verhältnisse übertragen, durften sich die Tschechen in der Stichwahl ums Präsidentenamt zwischen einem Ossi und einem Wessi entscheiden. Nämlich zwischen Miloš Zeman, der sein Leben in »schweren, guten, den besten und den schlechteren Zeiten« mit ihnen verbracht hatte, und Fürst Karel Schwarzenberg, der 41 Jahre - anfangs zugegeben unfreiwillig - im Westen lebte, vorzugsweise in Wien, wo seine Gattin noch heute im familieneigenen Schloss residiert. Die Wahl fiel mit deutlicher Mehrheit auf den Ossi, was nicht nur die Stimmung in Böhmen und Mähren mehr als 20 Jahre nach der »Samtenen Revolution« widerspiegelt, sondern auch manche giftige Reaktion in deutschen Medien erklärt. Da wird inzwischen fast jede auch nur ansatzweise linke Rhetorik als »populistisch« bezeichnet, während die rechtsbürgerliche Konkurrenz angeblich für Realismus und lupenreine Aufrichtigkeit steht.
Tatsächlich wird sich erst noch zeigen müssen, ob Zeman - wie versprochen - vor allem der »Präsident der unteren zehn Millionen« sein wird. Selbst wenn er es wollte: Die Kompetenzen des Herrn auf der Prager Burg sind sehr begrenzt. Kaum gewählt, sprach er sich immerhin für die vorgezogene Neuwahl des Parlaments aus, also für die Ablösung der bürgerlichen Regierung unter Petr Necas. Deren unsoziale Politik und eine Kette von Korruptionsfällen waren sehr wahrscheinlichgewichtigere Gründe für die Niederlage des amtierenden Vizepremiers Schwarzenberg als die von Zeman zum Klingen gebrachten Heimatgefühle.
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