Kein Stress gefälligst!
Marlene Göring über die Ergebnisse des Stress-Reports 2012
Der Deutsche ist ein quengeliger Arbeiter. Gestresst, wenn er unterbrochen wird. Aber auch, wenn es keine Pausen gibt. Monotone Tätigkeiten nerven ihn, viele unterschiedliche Aufgaben genauso. Unter Belastung neigt er zu Reizbarkeit und Nervosität. Mal ehrlich: Wer denn nicht? Erklären können die Ergebnisse des Stress-Reports 2012 nicht, wieso Arbeit heute mehr Menschen psychisch krank macht als je zuvor.
Kein Wunder, dass Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeber ein wirksames Mittel gegen den Nerv im Job nicht gefunden haben: Ihre geplante »Gemeinsame Erklärung zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz« ist gescheitert. Bundesarbeitsministerin von der Leyen will trotzdem eine Anti-Stress-Verordnung erlassen. Sobald sie weiß, was drin stehen soll. Ein Widerspruch in sich: Stress ist eine psychische Kategorie und hat in erster Linie mit dem persönlichen Erleben zu tun. Dagegen hilft keine objektive Norm, die man anordnet und gefälligst einzuhalten hat. Hinter den Zahlen und Prozenten zeigt sich etwas anderes ganz deutlich: wie Arbeit heute erlebt wird, wie sie nur erlebt werden kann. Ist sie etwas, mit dem ich die Gemeinschaft unterstütze, zu der ich gern gehöre? Etwas, um Verantwortung zu übernehmen für die Welt, in der ich lebe? Und das ein gutes Leben für alle möglich macht?
Oder ist Arbeit ein Weg, um mich zu bereichern? Die einzige Möglichkeit, meinen gesellschaftlichen Stand zu behaupten? Oder auch nur - und immer öfter nicht einmal mehr das - die bloße Existenz zu sichern?
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