Deutsche Bahn darf Holding bleiben

Brüssel möchte aber Bereiche strikt trennen

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Der Schienenverkehr in Europa schwächelt. Die EU-Kommission will nun für mehr Wettbewerb sorgen.

Brüssel (AFP/nd). Die Deutsche Bahn darf auch nach den neuesten Plänen der EU-Kommission ihr Schienennetz behalten, muss aber Zugverkehr und Netzbetrieb weitgehend trennen. Ursprünglich wollte Brüssel die Zerschlagung von Konzernen wie der Deutschen Bahn und der französischen SNCF, die Betrieb und Netz unter einem Dach vereinigen. Dies wollten Berlin und Paris dem Vernehmen nach verhindern. Verkehrskommissar Siim Kallas sagte am Mittwoch, wie bei allen großen Gesetzesvorhaben habe es »enormen Druck von allen Seiten« gegeben.

Weil Unternehmen wie die DB und SNCF sowohl Züge anbieten als auch die nötige Schieneninfrastruktur betreiben, können sie anderen Zuganbietern das Leben schwer machen, argumentiert Kalla. Nur ausnahmsweise dürfte demnach in Zukunft ein Konzern Netz und Bahn zugleich behalten, er müsste auf jeden Fall durch strenge interne Barrieren für die faktische Trennung sorgen.

Dem Branchenverband CER, dem DB wie SNCF angehören, gehen auch die abgeschwächten Vorschläge zu weit. Schon heute erlaube die Gesetzgebung, gegen fehlenden Wettbewerb vorzugehen. Das Bundesverkehrsministerium begrüßte die Pläne grundsätzlich, zugleich erklärte Minister Peter Ramsauer (CSU): »Das von der Kommission angestrebte Ziel eines freien Zugangs zum Bahnnetz in der EU ist auch mit integrierten Konzernen erreichbar.« Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft warnte vor einer »Zerschlagung integrierter Bahnkonzerne durch die Hintertür«.

Das Gesetzespaket enthält weitere, teils umstrittene Vorschläge, darunter die völlige Öffnung des Passagierverkehrs im Inland. Hier bestehen noch vielerorts Hürden, so dass etwa die Deutsche Bahn nicht nach Belieben in andere EU-Länder expandieren kann. In Ländern, die die Märkte schon liberalisiert haben, sei die Zahl der Fahrgäste in zehn Jahren um die Hälfte gestiegen, ein Zeichen der Zufriedenheit, urteilt Kallas.

Er will außerdem für Aufträge der öffentlichen Hand, die vor allem den Nahverkehr betreffen, eine Ausschreibungspflicht. Das könnte nach Meinung des SPD-Europaabgeordneten Ismail Ertug aber dazu führen, dass die Behörden nicht mehr mit ihrem bewährten Partner arbeiten können, sondern den Anbieter mit dem günstigsten Angebot wählen müssen, der auf Kosten der Kunden Preise erhöhen oder Verbindungen ausdünnen könnte.

Zudem will Kallas die Europäische Eisenbahnagentur zur einzigen Anlaufstelle für die Zulassung von Zügen machen und damit die Verfahren in den einzelnen Ländern ersetzen. Das soll die Zulassungen beschleunigen und bis 2025 den Unternehmen eine halbe Milliarde Euro Kosten sparen helfen. Kommentar Seite 4

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