Strafe gegen Vater des Amokläufers von Winnenden abgemildert
Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung bleibt bestehen
Stuttgart (epd/nd). Im Revisionsprozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden ist das Urteil abgemildert worden. Das Stuttgarter Landgericht verurteilte Jörg K. am Freitag wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung. Bei der ersten Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung vor zwei Jahren, die wegen eines Verfahrensfehlers kassiert worden war, betrug die Strafe noch 21 Monate. Der Vater hatte die Tatwaffe unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt.
Der Vorsitzende Richter Ulrich Polachowski bekräftigte die Überzeugung der Strafkammer, dass es am 11. März 2009 nicht zum Amoklauf gekommen wäre, wenn der Vater die Waffe ordnungsgemäß verschlossen hätte. Der 17-jährige Tim K. hatte an diesem Tag in seiner ehemaligen Schule in Winnenden bei Stuttgart neun Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrerinnen erschossen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen, bevor er sich selbst das Leben nahm.
Der Junge sei für den Vater erkennbar psychisch krank gewesen und habe gerade in den Monaten vor der Tat ein auffälliges Interesse an Waffen und Munition gezeigt, argumentierte der Richter. So habe Tim versucht, in Stuttgart als angebliches Geburtstagsgeschenk für den Vater 1.000 Schuss Munition zu erwerben, was ihm als Minderjähriger aber verweigert wurde. Spätestens da hätte Jörg K. hellhörig werden müssen. Die Ansicht der Verteidigung, dass der Sohn auch ohne die unverschlossene Waffe Zugriff zum Waffentresor gehabt habe und die Tat ohnehin hätte begehen können, wies Polachowski als unbewiesen zurück.
Als strafmildernd wertete das Gericht, dass das Leben der Familie K. durch die Tat des Sohns »völlig aus der Bahn« gelaufen sei, dass der Vater anfangs umfassend an der Aufklärung mitgewirkt habe und zudem nicht vorbestraft sei. Vertreter der Nebenklage und der Opfer begrüßten das Urteil. Das Gericht habe noch einmal bestätigt, dass der Vater infolge seines »bodenlosen Leichtsinns« Mitschuld an der Tat trage, sagte Gisela Mayer vom Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden dem epd.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.