Werbung

Was für ein komischer Vogel

Gelungene Verfilmung vom Gerbrand Bakker’s Bestseller «Oben ist es Still»

  • Charlotte Noblet
  • Lesedauer: 2 Min.

«Du musst los». «Ich will bleiben».Vater und Sohn teilen zwar die extreme Müdigkeit um ihre Wohngemeinschaft, aber sonst besteht ihr Miteinander aus Widerspruch und Verständnislosigkeit. Der Film von Nanouk Leopold ist reich an verdrängten Gefühlen – mitten in den Niederlanden.

Keine Kopfkissengespräche: Dafür fehlt das Vertrauensverhältnis. Wenn der Vater seine Selbständigkeit verliert, trägt ihn der Sohn einfach nach oben. Auf dem letzten Stock des Familienbauerhofs ist er sozusagen gut „aufgeräumt“. Helmer richtet sich dann unten neu ein und streicht das Zimmer seines verstorbenen Bruders über. Jetzt ist Schluss mit der Vergangenheit: Mitte Fünfzig will Helmer in ein eigenes Leben starten.

Nun zwischen Kühe melken und Schaffen züchten kommt Helmer kaum aus dem Alltag des rudimentären Bauerhofs heraus. Der ungeliebte Sohn bewegt sich wie in Schwerelosigkeit. Das flache Land und ständiges Regnen hilft ihm nicht wirklich, den Groll zu vertreiben. Dennoch scheint Helmer immer mehr auf seine eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu achten. Die zärtlichen Blicke des Milchfahrers bringen ihn durcheinander und die Annäherungen des jungen Hilfsarbeiters treffen auf seine beschädigte Weichheit.

Ein Knoten verdrängter Gefühlte

Der Fünfziger führt ein hartes Versteckspiel mit sich selbst. Die Langsamkeit des Films wird von der Quasi-Abwesenheit der Musik sowie den lakonischen Gesprächen verstärkt. Aber der Countdown ist schon längst gestartet. Das laute Schweigen verrät einen gequälten Menschen, so strikt mit sich selbst, dass seine Umgebung auch darunter leidet.

Die Interpretation des Hauptdarstellers, Jeroen Willems, ist bemerkenswert. Hinter der mürrischen Sensualität Helmers können die Zuschauer seine introspektiven Fragen hören, ohne dass sie mal ausgesprochen werden.

Mit Handkamera wurde die Verfilmung von Nanouk Leopold gedreht. Szenario und Regie der Niederländerin bleiben dem Bestseller von Gerbrand Bakker «Boven is het stil» treu: Melancholie, Resignation, ausgesetzte Emotionen und verbotene Sexualität.

Leider wird Jeroen Willems kein Lob für sein großartiges Spiel bei der Premiere von „Oben ist es Still“ bekommen können: Der niederländische Darsteller und Schauspieler ist unerwartet im letzten Dezember an Herzversagen gestorben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -