Gysi bestreitet Vorwurf

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen »Falschaussage zu Stasikontakten«

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.
Laut einem Zeitungsbericht soll der Linksfraktionschef im Bundestag 1989 wissentlich mit Stasi-Offizieren gesprochen haben.

Linksfraktionschef Gregor Gysi hat den Vorwurf zurückgewiesen, eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben. Zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen den Politiker ermittelt.

Bereits Ende Januar sei die Immunität des Bundestagsabgeordneten aufgehoben worden. Das Verfahren gehe auf die Anzeige eines früheren Richters zurück, schrieb die »Welt am Sonntag«. Im sozialen Netzwerk »Facebook« erklärte Gysi, »nach einer Anzeige muss in einem Ermittlungsverfahren der Vorwurf geprüft werden. Das ist schon einmal geschehen. Selbstverständlich wird das Verfahren wie damals eingestellt werden, da ich niemals eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Deshalb gibt es nicht den geringsten Grund, über die Kandidatur nachzudenken.«

Hintergrund ist eine eidesstattliche Versicherung, mit der sich Gysi gegen einen NDR-Film gewehrt hatte, in dem dem 65-Jährigen Stasikontakte unterstellt worden waren. Gysi hatte erklärt, »zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet« zu haben. Wie die »Welt« nun berichtete, werde dies durch einen dreiseitigen Vermerk der DDR-Staatssicherheit in Frage gestellt.

Dem Papier zufolge hat Gysi im Februar 1989 zwei MfS-Offizieren umfassend über ein Interview berichtet, das er mit »Spiegel«-Journalisten geführt hatte. »Der Vermerk der SED-Geheimpolizei legt nahe, dass Gysi seinerzeit wusste, dass er mit Stasi-Offizieren redete«, behauptet die »Welt«.

Vorwürfe über eine Kooperation Gysis mit der Staatssicherheit werden seit der Wende immer wieder erhoben; bisher hatte sich der Linksfraktionschef dagegen stets erfolgreich juristisch gewehrt. Der Vorsitzende des Immunitätsausschusses des Bundestags, Thomas Strobl (CDU), sagte der »Welt«, eine gerichtliche Entscheidung, dass die eidesstattliche Aussage von Gysi falsch war, liege noch nicht vor. »Aber natürlich wiegt schon der Vorwurf schwer.«

Im Internet reagierten Parteifreunde auch mit Medien-Kritik. Es sei auffällig, dass bestimmte Zeitungen ihre Vorwürfe im Zusammenhang mit angeblichen Stasikontakten stets vor wichtigen Wahlen veröffentlichen würden, hieß es in vielen Kommentaren. In einem Beschluss des Landesparteitags der LINKEN in Niedersachsen hieß es: »Die neuerliche Kampagne der Springer-Presse und des Spiegel zielt auf Gregor Gysi, sie soll aber die gesamte Partei treffen.« In der »Berliner Zeitung« (Montagausgabe) wies Parteichef Bernd Riexinger die Vorwürfe als »schmutzigen Wahlkampf« zurück.

Gysi hat sich, wie am Sonntag bekannt wurde, bei einem Ski-Unfall ernsthaft verletzt. Nach Parteiangaben wird er am heutigen Montag operiert und werde in den nächsten drei Wochen keine Termine wahrnehmen.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!