Leerstelle
Jörg Meyer über die Lehrstellensituation und die Qualifizierung der Bewerber
Ein Tick mehr als jeder und jede fünfte Auszubildende in der Bundesrepublik verfügte im Jahr 2011 bei Beginn seiner oder ihrer Lehre über einen Fachhochschulabschluss oder die allgemeine Hochschulreife. Das teilte das Statistische Bundesamt gestern mit. Auf der anderen Seite ist der Anteil der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, die eine Lehre anfingen, in den letzten Jahrzehnten in vielen Bereichen stetig gesunken. In einigen Branchen müssen die sich gar nicht erst bewerben. Viele Jugendliche gehen nicht aufs Gymnasium, weil sie hinterher studieren wollen, sondern weil sie sich höhere Chancen auf eine Lehrstelle erhoffen - oder auch, weil es im Verhältnis zu den Studierwilligen zu wenige Studienplätze gibt.
Während nicht nur die Gewerkschaften seit langem warnen, dass zu viele jedes Jahr ohne Lehrstelle dastehen und auch die Zahl derer ohne Schulabschluss steigt, freut sich die Bundesregierung in ihren Ausbildungsreporten: Die Zahl der unversorgten Jugendlichen nehme ständig ab, die Zahl der unbesetzten Lehrstellen steige. Diejenigen, die in Praktika oder berufsfördernden Maßnahmen geparkt sind, tauchen darin nicht auf. Man muss sich also fragen, ob die Anforderungen an Azubis in spe immer höher werden oder ob die Bildung immer schlechter wird. Beides zeugt von einer zunehmenden Schräglage in der Gesellschaft. Ursachen sind bei schlechten Ausbildungsbedingungen oder einem auf Ungleichheit aufgebauten dreigliedrigen Schulsystem zu suchen.
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