Lasagne mit Schimmel
Erste Funde von Pferdefleisch bei Tiefkühlgerichten in deutschen Supermärkten
Nach Funden von Pferdefleisch in Tiefkühllasagne der Supermarktketten Real und Edeka ist unter deutschen Länderbehörden Hektik ausgebrochen. Von Bayern und Baden-Württemberg über Berlin und Brandenburg bis nach Niedersachsen wurde angekündigt, dem Beispiel Nordrhein-Westfalens zu folgen und die Kontrollen zu intensivieren. In Niedersachsen und Brandenburg wurde in Kühlhäusern vorsorglich Ware des französischen Verarbeiters Comigel sichergestellt. In dessen Fertigprodukten, die Rindfleisch enthalten sollten, wurde in mehreren EU-Ländern Pferdefleisch entdeckt. Nur in Thüringen gibt man sich gelassen und will die Fleischkontrollen nicht verstärken. »Das wäre sonst wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen«, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.
Nordrhein-Westfalens Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) forderte den Lebensmittelhandel auf, sämtliche Verdachtsfälle offen zu legen. »Viele Einzelhändler haben in den letzten Tagen und Wochen stille Rückrufaktionen unternommen, weil sie offenbar schon einen Verdacht hatten«, teilte Remmel am Donnerstag mit. Die Verbraucher hätten davon nichts erfahren.
Bundesverbrauchministerin Ilse Aigner (CSU) übte sich derweil in Verbal-Radikalismus. Sie sprach - trotz einer Vielzahl ähnlich gelagerter Skandale in den vergangenen Jahren - von einen »bislang einmaligen Fall von Verbrauchertäuschung«. Es handle sich um eine »echte Sauerei«, sagte die Ministerin im ARD-Morgenmagazin.
Bei der Suche nach der Quelle der Umetikettierung von billigem Pferde- in Rindfleisch gibt es eine andere Spur. Während bislang vor allem Händler von Pferdefleisch aus rumänischen Schlachthöfen in Verdacht standen, rückt nun Großbritannien ins Zentrum. Die »Times« vermutet, eine Verbraucherschutzmaßnahme der Lebensmittelaufsicht FSA könnte die Umetikettierung ausgelöst haben. Sie hatte vor einigen Monaten maschinell gefertigtes Rind- und Lammhackfleisch ohne Sehnen, das zur Herstellung billiger Fertiggerichte verwendet wird, verboten.
Eine schlechte Nachricht für Konsumenten hatte Landwirtschaftsminister David Heath: So wurde Pferdefleisch zur Weiterverarbeitung nach Frankreich exportiert, das mit dem für den Menschen gefährlichen Medikament Phenylbutazon belastet war.
Die EU-Kommission will erarbeitetes Rindfleisch per DNA-Test kontrollieren lassen. Bereits heute sollen Experten aus allen 27 EU-Staaten über den Vorschlag entscheiden. Die Ergebnisse der Tests könnten Mitte April veröffentlicht werden.
Skandal-Chronologie
Lebensmittelskandale haben Verbraucher in Deutschland schon häufiger verunsichert.
Eine Auswahl:
2012: Nach dem von Behörden verhängten Produktionsstopp in einer Brotfabrik bei München meldet die Bäckereikette Müller-Brot Insolvenz an. Kontrolleure fanden wiederholt Mäusekot und Speisereste in Maschinen.
2011: In Deutschland sterben rund 40 Menschen an den Folgen des gefährlichen EHEC-Darmkeims. Die Behörden warnen vor dem Verzehr roher Tomaten, Gurken und Blattsalate. Später stellt sich heraus: EHEC war von belasteten Sprossen aus Ägypten ausgelöst worden. 2010: Dioxinhaltiges Futtermittel eines niederländischen Herstellers wird in elf Bundesländer geliefert. Viele Biohöfe werden gesperrt.
2008: Vergammelter Mozzarella aus Italien landet auch auf deutschen Käsetheken. Insgesamt sollen rund 11 000 Tonnen des mit Würmern und Mäusekot verunreinigten Käses europaweit in Supermärkten angeboten worden sein.
2005: Mindestens 50 Betriebe und Lager in mehreren Bundesländern sind in Geschäfte mit verdorbenem Fleisch verwickelt. Große Mengen wurden zu Döner, Bratwurst und Geflügelnuggets verarbeitet. Besonderes Aufsehen erregte ein Unternehmer aus Deggendorf (Bayern), der Schlachtabfälle aus der Schweiz importierte, umdeklarierte und sie an Lebensmittelhersteller im In- und Ausland verkaufte.
2001: Mit dem in der EU verbotenen Antibiotikum Chloramphenicol belastete Shrimps gelangen über die Niederlande nach Deutschland. Die EU verbietet, die Einfuhr von Shrimps, Geflügel, Honig und Kaninchenfleisch aus China. dpa/nd
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