Schlagabtausch der G20-Finanzminister erwartet
Die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer sind weiter uneins über die richtige Haushalts- und Geldpolitik
Das zweitägige Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, das heute in Moskau beginnt, ist Russlands erster großer Auftritt als diesjähriger Vorsitzender der G20. Diese, so glaubt man in Moskau, werde künftig eine sehr viel bedeutendere Rolle spielen als die G8-Gruppe, das Kartell der größten Industrienationen. Schwellenländer wachsen schneller, doch auch für sie bleibt die Rezession bzw. das schwache Wachstum in Europa, den USA sowie Japan nicht folgenlos. Das spürt gerade der Rohstoffexporteur Russland.
Beim Treffen in Moskau ist Verdruss programmiert: Die meisten Teilnehmer sind alte Bekannte und somit direkt dafür verantwortlich, dass alte Hausaufgaben noch nicht gemacht sind. Dazu gehören die »Toronto-Ziele«. Verunsichert durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hatten die G20-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel 2010 in Kanada beschlossen, die Defizitquoten ihrer Haushalte bis 2013 wenigstens zu halbieren und den Anteil der Staatsschulden im Verhältnis zur volkswirtschaftlichen Gesamtleistung ab 2016 zu senken - aber nur, wenn dies nicht das Wachstum gefährde. Beim ersten Punkt ist bereits klar, dass die Mehrheit die Auflagen nicht für Pflicht, sondern für Kür hält. Darunter Schwergewichte wie die USA, Japan und Großbritannien.
In der UNO, ätzte ein russischer Experte, setze man eine Kommission ein, um ein Problem, zu dem es keinen Konsens gibt, definitiv zu beerdigen. In der internationalen Finanzpolitik ändere man Ziele, die man nicht einhalten kann. Für die Defizithalbierung wird an der Moskauer Nachrichtenbörse bereits 2015 als neuer Termin gehandelt, für die Stabilisierung der Schuldenquote 2018. Deutschland pocht darüber hinaus auf verbindliche Ziele für eine sehr ferne Zukunft, die USA wollen sich nur kurzfristig festlegen. Kenner der Materie erwarten eine emotional aufgeladene Diskussion, bei der die Fetzen fliegen könnten. Als sicher gilt eine neue Runde im Schlagabtausch zwischen Befürwortern von Konjunkturimpulsen, die auf mehr staatliche Ausgaben zur Wachstumsförderung drängen, und Sparaposteln wie Deutschland, für die die Haushaltssanierung Vorrang hat. Letztere werden vor allem Japans neuen Kassenwart Taro Aso, der mit einer extrem lockeren Geldpolitik den Yen-Kurs kräftig drückte und damit Ängste vor weltweiten Abwertungswettläufen anheizte, ins Kreuzverhör nehmen.
Einseitige Aktionen, so der russische Notenbank-Vizechef Alexej Uljukajew bei einem Workshop des »Bretton Woods Commitee« und des Finanzministeriums am Mittwoch in Moskau, seien in der modernen, global vernetzten Welt »nicht effizient«. Abwertungen würden die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft nur kurzfristig steigern.
Damit stellt sich Russland, das zwar Mitglied der G8 ist, bisher aber nicht bei finanzpolitischen Fragen mitreden darf, hinter die am Dienstag von den sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) verabschiedete Erklärung, in der sich diese verpflichten, ihre Steuer-, Haushalts-, Geld- und Kreditpolitik nicht zur Steuerung der Wechselkurse einzusetzen.
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