Karlsruhe stärkt Schwule und Lesben

Einschränkung im Adoptionsrecht für verfassungswidrig erklärt / Beifall von der Opposition und weiter gehende Forderungen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (nd). Wichtiger Schritt zur Gleichstellung von Homosexuellen: Das Bundesverfassungsgericht hat das Adoptionsrecht von Schwulen und Lesben gestärkt. In einem am Dienstag verkündeten Urteil verwarfen die Karlsruher Richter das bisher gültige Verbot der sogenannten Sukzessivadoption als verfassungswidrig. Dabei geht um Fälle, in denen einer der beiden Partner ein Kind adoptiert hat und auch der andere Partner Adoptivmutter oder -vater werden möchte.

Das Gericht hatte sich mit einer Beschwerde einer Ärztin aus Münster befasst, deren Lebenspartnerin im Jahr 2004 ein Mädchen aus Bulgarien adoptiert hatte. Da inzwischen 13-Jährige Kind lebt mit beiden Müttern im gemeinsamen Haushalt. Der Wunsch der Ärztin, ebenfalls Adoptivmutter zu werden, hatten Gerichte bisher unter Verweis auf das Verbot der Sukzessivadoption abgelehnt.

»Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe«, entschieden nun die Karlsruher Richter. »Bedenken, die sich gegen das Aufwachsen von Kindern in gleichgeschlechtlichen Elterngemeinschaften im Allgemeinen richten, wurden in der ganz überwiegenden Zahl der sachverständigen Stellungnahmen zurückgewiesen.«

Bei der Opposition stieß das Urteil auf Beifall. Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Cornelia Möhring, teilte im sozialen Netzwerk Facebook mit, die Entscheidung aus Karlsruhe freue sie. Die hessische Landtagsabgeordnete der Linkspartei, Janine Wissler, sprach auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von einem »guten Urteil«. Die lesben- und schwulenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Barbara Höll, sagte, es sei für Kinder »unerheblich, ob sie in einer heterosexuellen Ehe oder einer Regenbogenfamilie aufwachsen, sie benötigen Liebe, Sorge und gleiche Rechte«.

Der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring twitterte »Super! Danke Karlsruhe«. Seine Fraktion begrüßte das Urteil als „Sieg für das Kindeswohl“. Die Partei forderte umgehend, „dass sich die Koalition von Merkel und Rösler endlich zur verfassungsrechtlichen Ordnung bekennt, statt ihre ideologischen Vorbehalte gegenüber Lesben und Schwulen auf Kosten der Kinder auszutragen“.

Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsvize Christine Lambrecht. Sie sprach von einem »wichtigen Zwischenschritt«, forderte die schwarz-gelbe Bundesregierung jedoch auf, »das Adoptionsrecht komplett zu überarbeiten, um auch den Weg für Adoptionen für gleichgeschlechtliche Paare frei zu machen«. Die Kanzlerin müsse »endlich ihre diskriminierende Haltung gegenüber homosexuellen Lebenspartnern einstellen«. Lambrecht verwies auf insgesamt fünf Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die diese Diskriminierung für verfassungswidrig erklären. Das sollte Schwarz-Gelb »eine Lehre«.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.