Kein Zwang zu Wasserprivatisierung

EU-Kommissar Barnier macht Konzessionen bei der Konzessionsrichtlinie

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die EU-Kommission schwächt ihr umstrittenes Vorhaben ab, das eine verbindliche Ausschreibung der kommunalen Wasserversorgung vorsieht.

Die Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen sorgt plötzlich wieder für Schlagzeilen in Brüssel. Dabei schien vor ein paar Wochen alles geklärt. Der Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments sprach sich für Regeln aus, welche die Tür für Privatisierung öffnen - wenn auch nur unter bestimmten Umständen. Doch bei dem sensiblen Thema Wasserversorgung schrien vor allem die deutschen Abgeordneten auf. Ein Urgut der öffentlichen Daseinsfürsorge einfach dem Markt zu überlassen oder ihm zumindest die Tür dazu zu öffnen, fand fraktionsübergreifende Ablehnung.

Diesmal ist es etwas anders. Am Donnerstagnachmittag sprach EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier vor den Mitgliedern des Ausschusses. Der Franzose beschwichtigte und machte Zugeständnisse an die Deutschen: In die Richtlinie solle ein Passus aufgenommen werden, demzufolge Wasser ein öffentliches Gut und die Privatisierung der Wasserversorgung ausdrücklich nicht das Ziel der Richtlinie ist. Außerdem werde er, Barnier, sich dafür einsetzen, dass die Wasserversorgung bei Stadtwerken getrennt betrachtet werde. Oder anders ausgedrückt: Die kommunalen Versorger werden nicht als ganzes Unternehmen betrachtet, sondern in ihre einzelnen Sparten aufgeteilt. Die Wasserversorgung soll gesonderten Regeln unterliegen.

Andreas Schwab (CDU), binnenmarktpolitischer Sprecher der konservativen EVP-Fraktion, zeigte sich damit zufrieden. Damit sei sichergestellt, dass die Wasserversorgung einer Gemeinde immer in öffentlicher Hand bleiben könne. Auch wenn andere Bereiche der kommunalen Selbstversorgung wie Energie oder Nahverkehr öffentlich auszuschreiben sind, weil sie als marktrelevant eingestuft werden.

Ganz anders dagegen Schwabs Kollegin Evelyne Gebhardt (SPD): »Meine Hauptforderung, den Wasserbereich umfassend aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie zu nehmen, sehe ich als nicht erfüllt«, teilte sie mit. Für Gebhardt besteht weiter »enormer Diskussionsbedarf, vor allem, was die deutschen Strukturen der Wasserversorgung anbelangt«.

Vorschneller Jubel über einen neuen Beschluss ist sowieso nicht angebracht. Denn auch wenn Barnier der zuständige EU-Kommissar ist: Er wird seine Position nicht aufrechterhalten können, wenn die EU-Mitgliedsländer etwas anderes wollen. Mit ihren Vertretern werden Barnier und Abgeordnete aus dem Binnenmarktausschuss jetzt Verhandlungen beginnen, um sich auf einen abschließenden Text zu einigen. Das letzte Wort dabei hat aber nicht der Kommissar, sondern besitzen die Vertreter von Ministerrat und Parlament.

Gebhardt bewertet die Aufnahme der sogenannten Trilogverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt als zu früh. Zunächst hätte das Parlamentsplenum abstimmen sollen. »Ein Vorhaben von solcher Tragweite in einem Hauruck-Verfahren durchzupeitschen, ist ein Unding«, wettert die SPD-Frau. Da sie sich der Mehrheit des Ausschusses beugen musste, sieht sie jetzt die Bundesregierung in der Pflicht. Ohne viel Hoffnung, denn: »Bereits Ende letzten Jahres hätte die Bundesregierung im Rat die Chance dazu gehabt, zugunsten bewährter Formen der öffentlichen Wasserversorgung in Deutschland entscheidenden Einfluss auf den Kommissionsentwurf zu nehmen. Sie hat das Vorhaben einfach durchgewunken«, so Gebhardt.

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