Patientenbetten auf Stationsfluren
Viele Krankenhäuser im Norden sind überfüllt
Wie bislang noch nicht gekannt erlebt Schleswig-Holstein derzeit einen Patientenansturm auf seine Krankenhäuser. Diese verlegen immer mehr Betten auf die Flure - fehlende Kapazitäten und ein häufig anzutreffender Bauinvestitionsstau in Millionenhöhe werden unübersehbar. Das aktuelle Problem betrifft dabei Kliniken in öffentlicher wie in privater Trägerschaft.
Ob in Kiel, Lübeck, Neumünster, Pinneberg, Itzehoe, Eckernförde oder Rendsburg - überall das gleiche Bild: Auf den Stationen stoßen die Kliniken an ihre Grenzen. Und auffällig ist, dass es sich bei dem derzeitigen Zulauf nicht etwa um Glatteis-Opfer oder Grippe-Fälle handelt, sondern um Menschen mit Krankheitsbildern für den Internisten. Und was wie ein Ausnahmezustand anmutet, bezeichnen Mitarbeiter aus der Abteilung Innere Medizin am Universitäts-Klinikum in Kiel als Alltag.
Flurpatienten sind derweil schon mit einem Unterbringungsstandard wie in den 70er Jahren zufrieden, Hauptsache sie erhalten schnell einen Zimmerplatz. Denn wer möchte sich schon in einem notdürftig mit Wolldecken, Laken oder Stellwänden abgeschirmten Flurbett untersuchen lassen, wo auch ein Kleidungswechsel zum Problem wird? Laut Bernd Krämer, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein, liegt die Bettendichte im nördlichsten Bundesland bei 56,4 Betten auf 10 000 Einwohner, bundesweit liegt der Durchschnitt bei 61,4 Betten. Wer auf Politikerseite oder seitens der Krankenkassen noch immer dem angeblich nötigen Bettenabbau das Wort rede, blende die Wirklichkeit aus und trage zur Volksverdummung bei, bekräftigt Krämer.
Natürlich hat das alles etwas mit der finanziellen Ausstattung der Krankenhäuser zu tun: Bei der Abrechnung für klinische Leistungen sieht sich das nördlichste Bundesland seit Jahren benachteiligt. Ob SPD, Grüne, FDP oder LINKE (die CDU hält sich bei dem Thema sehr zurück) - einig sind sich die Parteien, dass der sogenannte Basisfallwert gegenüber den anderen Ländern angeglichen werden muss. Doch bisher scheiterten die Bemühungen immer am Veto der bessergestellten Länder. Somit gibt es keine einheitlichen Vergütungen für identische Leistungen - als wäre ein Blinddarm im Norden weniger Wert als beispielsweise in Bayern.
Auch Krämer hat für den derzeitigen Ansturm insbesondere älterer Patienten keine schlüssige Erklärung. Er vermutet, dass der demografische Wandel sich erstmals von seiner ganz besonderen gesundheitspolitischen Seite zeigt. An einigen Orten werden Rettungsdienste abgewiesen, weil keine Notfallpatienten mehr aufgenommen werden können - wegen Überfüllung! Das gehört momentan ebenso zur Realität anno 2013 in Schleswig-Holstein wie verschobene OP-Termine.
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