Werbung

Girokonto soll Grundrecht werden

EU plant ein Konto für Benachteiligte

  • Lesedauer: 2 Min.

Brüssel (epd/nd). Jeder EU-Bürger soll künftig ein Recht auf ein Bankkonto haben. Das sieht ein Gesetzespaket vor, das der für den europäischen Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Michel Barnier bis Juni vorlegen will, wie die »Süddeutsche Zeitung« berichtet. Der Entwurf liegt der Zeitung vor.

Zugleich wolle Barnier den Wechsel von einer Bank zur anderen erleichtern, berichtet das Blatt. Dazu sollen die Finanzinstitute verpflichtet werden, transparente und leicht vergleichbare Angaben zu Gebühren und Konditionen zu machen. Ziel des Gesetzespakets sei es, »ein soziales Grundrecht« durchzusetzen, hieß es in der EU-Kommission.

Derzeit haben 30 Millionen Bürger der Europäischen Union, die 18 Jahre und älter sind, kein Bankkonto. Viele von ihnen befinden sich damit in einer Art sozialem Teufelskreis, da ein Girokonto beispielsweise für Wohnungsvermieter oder Telekommunikationsanbieter eine Voraussetzung für den Abschluss eines Vertrages ist. Zudem ist es diesen Bürgern verwehrt, etwa im Internet günstig einzukaufen. Damit könnten sie nicht von den Vorteilen des europäischen Binnenmarktes profitieren, argumentiert Barnier.

Laut dem Gesetzentwurf soll das Konto für jedermann lediglich »grundsätzlich nötige Buchungen« ermöglichen, also Zahlungseingänge und Abbuchungen, solange das Konto im Plus bleibt. Kreditaufnahmen sind grundsätzlich ausgeschlossen. Die Kontoführung soll möglichst gebührenfrei angeboten werden.

Die meisten Bürger ohne Bankkonto leben in Osteuropa. In Rumänien und Bulgarien hat jeder zweite Erwachsene kein Konto. In den mittel- und westeuropäischen Ländern lebt nur einer von zehn Bürgern ohne Girokonto. In elf EU-Ländern gibt es ein gesetzlich verbrieftes Recht auf ein Girokonto, in Deutschland bisher nur einen entsprechenden Vorstoß: Die Banken haben sich selbst dazu verpflichtet, ein Konto auf Guthabenbasis für jedermann anzubieten.

Ob die Regelungen ausreichen, darüber gibt es Zweifel. Verbraucherschützer gehen davon aus, dass mindestens 670 000 Menschen in Deutschland kein Girokonto haben; Banken melden dagegen kaum Beschwerden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.