Die Leben der Anderen
Neue Biopics
In das Leben »großer« Menschen einzutauchen - eine Vielzahl an jüngst verfilmten Biografien macht das derzeit möglich. Oder sie gaukeln zumindest vor, in knapp zwei Stunden die Höhen und Tiefen eines Promidaseins ausloten zu können. Ein Betrug zweifellos, aber ein süßer, den viele Kinogänger offensichtlich gerne in einen Selbstbetrug ummünzen. Denn dass die Existenzen auch von Abraham Lincoln, Hannah Arendt oder Alfred Hitchcock (von den erhebenden im Film dargestellten Augenblicken abgesehen) ebenso dröge und schmerzhaft nichtssagend waren wie andere menschliche Lebensläufe, ist wahrscheinlich. Durch die Übereinkunft aber, dem gerafften Leinwandleben eine größere Bedeutung beizumessen als einer Fiktion, begeben sich Zuschauer und Produzent in Komplizenschaft.
Die Regisseure erhalten dabei eine Geschichte frei Haus, die durch die vermeintliche Authentizität berührend aufgeladen wird. In der Begeisterung der Zuschauer spiegelt sich zum einen die Sehnsucht nach kantigen und vor allem wirkungsvollen Helden der Vergangenheit - in Zeiten von so blassen wie machtlosen politischen Pragmatikern und einflusslosen Intellektuellen. Zum anderen die Hoffnung, in den 90-Minuten-Existenzen Erkenntnisse für das eigene Leben zu erhaschen.
Den aktuellen Filmen über Lincoln, Arendt und Hitchcock, aber auch der Maler-Biografie »Renoir« oder dem Entführungsdrama »3096 Tage« muss man zugute halten, dass sie gar nicht erst versuchen, ein ganzes Leben ins Format zu pressen. Sie konzentrieren sich auf kurze, aus Sicht der Autoren die Person repräsentierende Abschnitte: Hitchcock dreht »Psycho«, Arendt berichtet vom Eichmann-Prozess, Lincoln setzt die Sklaverei ab.
Dieser Mut zur Lücke ist neu und zu begrüßen. Würde nur nicht oft der Anspruch der Produzenten durchscheinen, hier die wahre und »ganze« Geschichte erzählen zu wollen. Zudem lässt eine solche Fragmentierung die Protagonisten als Menschen ohne Vergangenheit in der Luft hängen.
Gute Biopics sind aber auch großes Kino. »Frida Kahlo«, »Ray«, »Basquiat«, »Capote« bestechen vielleicht darum besonders, weil die bei solchen Künstler-Biografien fehlende politische Brisanz die Autoren und Regisseure leichter arbeiten lässt. Bei Werken über Politikerleben ist die »wahre Geschichte« dagegen sehr oft fragwürdiges Destillat aus Sachzwängen, Erlaubnis der Erben, gesellschaftlicher Duldsamkeit und zufällig verfügbaren Infos, wie die Werke über J. Edgar Hoover, Howard Hughes oder Maggie Thatcher zeigen.
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