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Irrationale Sparpolitik

Die Vorsitzende der Linksfraktion im EU-Parlament über den Budgetstreit mit den Regierungen der Mitgliedsstaaten

  • Gabi Zimmer
  • Lesedauer: 3 Min.

Anfang Februar haben sich die Staats- und Regierungschefs nach monatelangem Gerangel auf die Höhe des zukünftigen EU-Haushalts geeinigt. Zum ersten Mal seit 56 Jahren wird der Haushalt gekürzt. Obwohl die EU immer mehr Aufgaben zu erfüllen hat und Kroatien dieses Jahr beitreten wird.

Um es klar zu sagen: nur sechs Prozent des EU-Haushaltes werden zur Finanzierung von Personal und Verwaltung eingesetzt. Weit weniger als in jedem Mitgliedsstaat dafür gebraucht werden. Mehr als 90 Prozent fließen als Investitionen direkt in die Mitgliedsstaaten zurück. Den größten Anteil haben Agrarpolitik, Struktur- und Kohäsionsfonds. Nimmt man die vom Rat beschlossenen Kürzungen von 88 Milliarden Euro, neue aus den Mitgliedsstaaten in den EU-Haushalt abgeschobene Großprojekte wie ITER (»Kernfusionsreaktor«) und Galileo, schon vorhandene Defizite, die Finanzierung von Rabatten und die außerhalb des Etats versprochenen Geldgeschenke für einzelne Mitgliedsstaaten zusammen, dann wird der EU ein Defizit von 250 Milliarden Euro für Ende 2020 prognostiziert! Die gleichen Regierungen, die im Moment die Mitgliedsstaaten für ihre Schulden massiv bestrafen wollen, sorgen für diesen Schuldenaufbau der EU.

Das Europaparlament (EP) könnte letztlich als Verlierer dastehen. Denn der Rat hatte das Parlament während der Verhandlungen als Zaungast behandelt - obwohl es für den Mehrjährigen Finanzrahmen ebenso Gesetzgeber ist. Statt gemeinsam, haben die Regierungen im Rat allein über kleinste Details verhandelt. Damit haben die EU-Staaten ihre rechtlichen Kompetenzen weit überschritten. Ohne Zustimmung des EP wird der faule Kompromiss des Rates jedoch nicht in Kraft treten. Deshalb versuchen die Regierungen jetzt, enormen Druck auf uns Abgeordnete auszuüben. Stimmt das EP dem Ratsvorschlag zu, wird es sein Mitbestimmungsrecht und seine Einflussmöglichkeiten auf Jahre untergraben.

Deshalb will eine Mehrheit der Fraktionen im Europaparlament nächste Woche über eine gemeinsame Resolution abstimmen, die den Beschluss des Rates klar zurückweist. Fast einstimmig hat sich auch die Linksfraktion für diese Resolution ausgesprochen. Jetzt müssen wir geschlossen handeln, um das Parlament zu stärken. Ein Abnicken der Ratsentscheidung schadet den EU-Bürgerinnen und -Bürgern und ihrem direkt gewählten Einfluss auf europäische Politik.

Ein Blick auf das Verhandlungsergebnis zeigt, dass in erster Linie die Bedürftigsten und die Menschen in den von der Krise am meisten betroffenen Mitgliedsstaaten verlieren werden. Der Ratsbeschluss will die irrationale Sparpolitik im Europäischen Haushalt verankern. Den Regierungen fällt mitten in der Krise nichts Besseres ein als dringend benötigte Investitionen für Menschen und Umwelt zu beschneiden. EU-Förderprogramme wie die Struktur-, Sozial- und Kohäsionsfonds werden zusammengestrichen und sollen zum ersten Mal an strikte Sparbedingungen, wie eine Schuldenbremse, geknüpft werden. Wenn Regionen diese Bedingungen nicht einhalten können, werden Unterstützungszahlungen gestrichen oder zurückverlangt. Arme Regionen werden doppelt bestraft. Die schon bestehenden Ungleichheiten zwischen Ländern und Regionen in der EU werden noch weiter zunehmen. Experten erkennen in diesen Ungleichheiten eine der Hauptursachen für die Eurokrise. Anstatt die Fördermittel aufzustocken und europäische Solidarität zu demonstrieren, werden die Schwächsten allein gelassen. Die explodierenden Arbeitslosenzahlen, besonders unter Jugendlichen, in Europa sollen zwar bekämpft werden, aber eine ausreichende Finanzierung wird nicht bereitgestellt. Mit einem solidarischen und sozialen Europa hat das nichts zu tun.

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