Das jährliche Wettrennen um die goldene Nase

Auch 2012 stiegen die Vorstandsgehälter bei den DAX-Unternehmen leicht an - ganz oben wird die Luft aber dünner

  • Roland Bunzenthal
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Spitzenverdiener unter Deutschlands Managern üben sich diesmal etwas in Bescheidenheit. In der zweiten Reihe sieht es aber anders aus.

Trotz des Verzichts auf rund ein Fünftel seines Gehalts ist VW-Chef Martin Winterkorn nach wie vor Deutschlands höchst bezahlter Manager. Das zeigt sich schon zur Halbzeit des jährlichen Wettrennens um die goldene Nase, wie aus den veröffentlichten Geschäfts- und den darin enthaltenen Vergütungsberichten der Unternehmen im Deutschen Aktienindex (DAX) hervorgeht. Winterkorn hatte vor kurzem bekannt gegeben, auf drei Millionen seiner 17,5 Millionen Euro Jahressalär zu verzichten. Nimmt man die wegen des Rekordgewinns erneut gestiegenen »erfolgsabhängigen« Boni mit hinein, beträgt der Verzicht sogar etwa sechs Millionen.

Es trifft auch die übrigen DAX-Platzhirsche - zum Beispiel Siemens-Chef Peter Löscher (von 8,7 auf 7,9 Millionen Euro) oder Dieter Zetsche vom Autobauer Daimler (von 8,4 auf 7,2 Millionen). Löscher gibt in den Kreisen der achtstelligen Vergütungsabhängigen das Tempo vor - erscheint sein Doppelbericht doch drei Monate früher als bei den anderen. Offenbar wollte die Spitzenriege von Siemens nicht in die Fußstapfen des kapitalistischen Gier-Symbols Josef Ackermann treten. Auch die am 21. März berichtende Deutsche Bank hat schon angekündigt, dass es etwas weniger an der (Doppel-)Spitze geben wird.

Die öffentliche Diskussion scheint den großen Vorsitzenden diesmal die mangelnde Akzeptanz ihres persönlichen Kosten-Nutzen-Verhältnisses vor Augen geführt zu haben. Aber wenn schon ein Deckel auf der Gehaltsliste, dann ein selbstgewählter. Ständige Steigerungen passen nun mal nicht zum Image von »Volkswagen«, wo Kleinaktionäre und das Land Niedersachsen die Mehrheit im Aufsichtsrat bilden. Aber auch ein gewisses Rumoren in der zweiten Reihe des Hauses soll die relative Bescheidenheit ausgelöst haben. Waren früher die Topps mit ihrem Gehalt den anderen Managern davongeeilt, durfte diesmal der einfache Vorstand etwas aufholen.

Blendet man die drei DAX-Spitzenverdiener aus und nimmt die nächsten drei in der Tabelle der best dotierten Führungskräfte - die Leiter von BASF, Henkel und Linde -, ist von Zurückhaltung aber kaum noch etwas zu spüren. Henkelmann Kasper Rorsted steigerte seine Erfolgs- und Fixvergütungen um rund 30 Prozent auf 6,2 Millionen Euro und kam damit fast an den am längsten amtierenden DAX-Chef Wolfgang Reitzle heran, der zum zehnjährigen Dienstjubiläum knapp sieben Millionen einstreichen konnte (plus ein Prozent). Insgesamt legten die Vorstände der 15 DAX-Konzerne, die bisher berichtet haben, leicht zu und kamen im Jahr 2012 im Schnitt auf rund 1,6 Millionen Euro.

Möglicherweise hat ein fast vergessenes Gremium dazu beigetragen, dass der Abstand zwischen dem jeweiligen Primus und den einfachen Vorständen einschließlich der Stellvertreter kleiner wurde - die 2001 zur Selbstreinigung gegründete Regierungskommission »Deutscher Corporate Governance Kodex«. Dort ist jetzt erstmals von einer Deckelung der Spitzenverdienste die Rede sowie von einer »angemessenen« Relation zwischen den Salären des Chefs und der oberen Führungskräfte sowie von diesen in Relation zu den Gehältern der Stammbelegschaft. Die gemeinsame Absicht war offenbar, innerhalb des Vorstands etwas umzuverteilen.

Auch diesmal haben die Bemessungsfaktoren der Spitzengehälter vor allem das Wohl der Aktionäre im Blick: organisches Umsatzwachstum, Kapitalrendite und Cashflow. Eine Minderheit mit VW an der Spitze hat zudem gesellschaftliche Faktoren bei der Vergütung herangezogen - ohne jedoch deutlich zu machen, welchen Stellenwert Umwelt, Beschäftigung oder Steuerfluss für die Vergütung der Chefs tatsächlich haben.

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