Linke fordert »isländische Lösung« für Zypern
SPD-Chef Gabriel: Desaster von Nikosia trägt Merkels Handschrift
Berlin (nd). Nach dem Nein des Parlaments in Zypern zum europäischen „Rettungspaket“ für das Land hat die Opposition im Bundestag die deutsche Regierung scharf kritisiert. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, sagte, Finanzminister Wolfgang Schäuble und die Europäische Zentralbank hätten „die Finanzhaie freipressen“ wollen, stattdessen aber „Panik an den Bankschaltern geschürt und Europa ins Chaos gestürzt“.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte gegenüber „Spiegel online“, auch wenn Angela Merkel „davon nichts mehr wissen will: Das Zypern-Desaster trägt ihre Handschrift“. Die Kanzlerin, so der Sozialdemokrat, habe „zugelassen, dass ein Land mit nur wenig mehr Einwohnern als dem Saarland die ganze Euro-Zone ins Chaos stürzt“.
Bei der Abstimmung im Parlament von Zypern hatte am Dienstagabend kein einziger der Abgeordneten die hoch umstrittene Zwangsabgabe auf Bankguthaben mitgetragen. Diese war Voraussetzung für das am Wochenende geschnürte internationale Paket der Europartner. Sie sollte 5,8 Milliarden Euro einbringen, das wäre der zypriotische Pflichtanteil für Kreditzusagen der Euroländer im Umfang von 10 Milliarden Euro gewesen.
Wagenknecht forderte für Zypern nun „die isländische Lösung“. Nur so könne „eine kontrollierte Schrumpfung des Bankensektors gelingen“, bei der zugleich Steuerzahler und Kleinsparer geschont würden. „Die ausländischen Gläubiger müssen leer ausgehen, der Staat muss die Banken übernehmen und regulieren und Kleinsparer müssen geschützt werden“, forderte Wagenknecht. Nach Ansicht der Linkenpolitikerin würde eine Abgabe von 20 Prozent auf Einlagen über 500.000 Euro „ausreichen, um die Sparer mindestens bis zur Grenze der Einlagensicherung von 100.000 Euro abzusichern“.
Auch der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten, Peer Steinbrück, kritisierte die Bundesregierung. Durch die geplante Beteiligung auch der kleinen Sparer seien „Ängste ausgelöst worden, die die Krise noch verschärft haben. Das ist ein eklatanter politischer Fehler“, sagte Steinbrück. „Die Ablehnung des Rettungspakets durch das Parlament in Zypern zeigt, dass das unter maßgeblicher Mitwirkung von Finanzminister Schäuble und mit Billigung der Bundeskanzlerin verhandelte Rettungspaket zunächst gescheitert ist.“
Zugleich wies Steinbrück darauf hin, dass Zypern in der Verantwortung bleibe, „seinen Beitrag zur Lösung der Krise zu leisten und dafür auch die erforderlichen Beschlüsse herbeizuführen“.
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