Garantierte Garantie
Seibert, Schäuble und das Wesen eines Versprechens
Die Rettung der kleinen Insel Zypern und des großen Euro ist eine ziemlich unübersichtliche Sache geworden. In so einer Situation ist es angenehm, wenn man sich an einfachen Wahrheiten aufrichten kann. Eine solche Hilfe hat uns Regierungssprecher Steffen Seibert gegeben, der sich den von Sorgen um ihre Sparguthaben geplagten Bürgern zuwandte. „Es ist das Merkmal einer Garantie“, sprach der wie immer extrem nette und wie immer vorzüglich frisierte Herr Seibert die Ängste vieler Deutscher an, bald werde man auch ihnen wie den Zyprern ein gutes Stück Konto unterm Hintern wegziehen, „es ist das Merkmal einer Garantie, dass sie gilt.“
Großartig. Man weiß nicht, ob ihm das spontan eingefallen ist oder ob das ihm unterstehende Bundespresseamt diese Sentenz in mehreren Sonderschichten aus einem groben Rhetorikblock herausgefeilt hat. Jedenfalls ist das ein Satz, den man sich gern auf das Sofakissen stickt, ins Stullenbrettchen graviert, an intime Körperpartien tätowiert oder auf die nächste Kaufhallenwand sprüht. Alles geklärt, uns kann nichts passieren, denn: Die Garantie besteht darin, dass Angela Merkel im Herbst 2008 persönlich, assistiert von ihrem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück, versprochen, ja garantiert hat, dass die deutschen Spareinlagen selbst im Falle von Bankenpleiten sicher sind. Auf dieser Garantie haben die deutschen Kleinsparer viereinhalb Jahre lang einigermaßen gut geruht. Bis der Fall Zypern sie aufgeschreckt hat.
Leider ist die Äußerung des Herrn Seibert durch eine heimtückische Attacke aus den eigenen Reihen ins Lächerliche, wenn nicht sogar ins Unglaubwürdige gezogen worden. Denn der gern mal bärbeißige Wolfgang Schäuble, der jetzt das Geld verwaltet, erklärte in einem Rundfunkinterview die Sache mit der Garantie ein ganz klein wenig anders. Ja, natürlich, Garantie, gute Sache, sagte er sinngemäß, unbedingt notwendig, wunderbar, nichts einzuwenden. Großes ABER: Wenn ein Land zahlungsunfähig ist, hilft am Ende auch die Garantie nichts.
Na toll. Das heißt praktisch: So lange alles gut ist und man die Garantie eigentlich nicht braucht, gilt sie, volle Pulle. Bricht aber der Notfall aus und man hätte die Garantie dringend nötig, dann nützt sie nichts mehr. Will uns das Wolfgang Schäuble, dieser Inbegriff von Seriosität und Zuverlässigkeit, etwa sagen? Das können wir nicht glauben. So haben wir nicht gewettet. Denn das wäre ja so, als würde die Feuerwehr sagen: Solange nichts los ist, stehen wir bereit. Aber wenn es brennt, kommen wir nicht – ist uns echt zu heiß. Nö, dann stecken wir uns lieber das Sofakissen mit dem schönen Seibert-Aphorismus hinter den Rücken und verlassen uns auf Mutti.
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