Lobbyarbeit gegen EEG-Umlage

Arbeitgebernahe Initiative betreibt Kampagne gegen bisherige Ökostrom-Förderung

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.
Heute findet der Energiegipfel im Kanzleramt statt. Lobbyverbände bereiten Wende der Energiepolitik vor.

Es ist ein kleines hübsch gemachtes Video, das auf der Internetseite der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) steht. »EEG stoppen - Energiewende machen: Milliarden sparen mit dem Wettbewerb«, heißt es. Es ist Teil einer Kampagne gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die das INSM im August 2012 startete. Als Alternative propagiert sie ihr »Wettbewerbsmodell Erneuerbare Energien«. Dabei sollen die Stromversorger verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil an Erneuerbaren zu liefern. Welche Ökostromquelle sich durchsetzt, soll nach diesem Modell der Markt entscheiden.

Es scheint so, dass das INSM bereits einen Teilerfolg erreicht hat. Bei dem heute stattfindenden Energiegipfel will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder über die sogenannte Strompreisbremse diskutieren. Ihr Umweltminister Peter Altmaier (CDU) will die sogenannte EEG-Umlage auf dem derzeitigen Niveau von rund 5,27Cent pro Kilowattstunde einfrieren und 600 Millionen bei der Förderung von Ökostrom einsparen. Umweltverbände und die Branche der Erneuerbaren laufen dagegen Sturm, weil sie dadurch die Energiewende in Gefahr sehen. Zudem ist es wahrscheinlich, dass die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat die Vorschläge der Koalition in ihrer jetzigen Form stoppen wird. So wollen die von der Opposition regierten Länder Medienberichten zufolge diese Förderung lediglich um 200 Millionen Euro zurückfahren.

Die EEG-Umlage

Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schuf die damalige rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000 ein Instrument zur Förderung von Strom aus regenerativen Quellen. Betreiber von Solarparks und Co. erhalten einen festen Vergütungssatz. Die Mehrkosten, die dadurch anfallen, werden durch die sogenannte EEG-Umlage auf die Stromkunden umgelegt.

Kritiker des EEG behaupten, dass der Ausbau der Erneuerbaren Strom unbezahlbar mache, weil die Umlage deswegen ins Unermessliche steige. In der Tat erhöhte sie sich zum Jahreswechsel von 3,59 auf 5,27 Cent pro Kilowattstunde.

Die Befürworter des EEG betonen hingegen, dass die Öko-Umlage lediglich so hoch sei, weil die große und besonders energieintensive Industrie wegen zahlreicher Ausnahmeregellungen von ihr befreit sei. So schätzt der Bundesverband Erneuerbare Energien, dass diese Ausnahmen 1,3 Cent pro Kilowattstunde ausmachen. Außerdem sei die EEG-Umlage nur für ein kleinen Teil des Anstiegs der Strompreise verantwortlich. Der Hauptteil entfalle auf höhere Kosten bei Erzeugung, Vertrieb und Steuern. spo

 

Bei der Planung ihrer Kampagne überließ die INSM dabei nichts dem Zufall. Für die Kommunikationsberatung und die Ausgestaltung ihrer Anzeigen ist seit 2010 die Werbeagentur Serviceplan Public Opinon engagiert. »Bei der Entwicklung und Umsetzung unserer Anzeigen und Kampagnen arbeiten wir mit Profis zusammen«, bestätigte INSM-Sprecher Florian Hennet gegenüber »nd«. Für eben solche Öffentlichkeitsarbeit wird die Initiative durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie finanziert. Knapp sieben Millionen Euro standen ihr im Jahr 2012 zur Verfügung.

Diese Lobbyarbeit fiel zumindest bei der FDP auf fruchtbaren Boden. Auch sie sagt in ihrem Positionspapier zu den erneuerbaren Energien vom September 2012, dass sie »konsequent raus aus der bisherigen EEG-Förderung« und den Ausbau der Erneuerbaren lieber den Kräften des anonymen Marktes überlassen will. Das von der FDP vorgeschlagene Mengenmodell ähnelt stark der INSM-Idee.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte unterdessen Kanzlerin Angela Merkel auf, beim bevorstehenden Energiegipfel »die Schräglagen der Stromkostendiskussion geradezurücken«. DUH-Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann betonte: »Das ebenso kurzfristige wie kurzsichtige Kalkül der Minister hat schon jetzt der Energiewende als gesellschaftlichem Gemeinschaftsprojekt schweren Schaden zugefügt.« Die große Mehrheit der Bevölkerung steht indes hinter der Energiewende. Eine gestern veröffentlichte Umfrage ergab, dass zwei Drittel aller Bürger bereit sind, dafür auch mehr Geld auszugeben.

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