Libanons Premier warf das Handtuch
Der lange Schatten des Krieges im benachbarten Syrien brachte die Regierung Mikati zu Fall
Zum Wohle des Landes sollten die politischen Gruppen ihre Differenzen überwinden und eine Regierung der nationalen Einheit bilden, sagte Ministerpräsident Nadschib Mikati am Sonnabend, einen Tag nach seinem Rücktritt in Beirut. Die »großen politischen Blöcke« müssten »Verantwortung übernehmen und zusammenkommen.« Präsident Michel Suleiman hatte zuvor den Rücktritt angenommen, Mikati aber aufgefordert im Amt zu bleiben, bis eine neue Regierung gebildet ist.
Der erfolgreiche Geschäftsmann Mikati stammt aus der nordlibanesischen Hafenstadt Tripoli und war im Juni 2011 Ministerpräsident geworden. Er hatte eine Koalitionsregierung aus Parteien der 8. März-Bewegung gebildet, der neben der schiitischen Hisbollah auch die Freie Patriotische Bewegung des christlichen Expremiers und -generals Michel Aoun, Drusen und weitere christliche Parteien angehörten.
Von Anfang an war die Koalitionsregierung Angriffen der 14. März-Bewegung ausgesetzt, dem Lager um die Zukunftspartei von Mikatis Vorgänger Saad Hariri. Die Bewegung des 14. März wird von Saudi-Arabien und weiteren Golfstaaten, Westeuropa und den USA unterstützt. Die Bewegung des 8. März hat dies stets als Einmischung kritisiert.
Als Grund für den Rücktritt Mikatis werden Konflikte innerhalb der Koalition genannt. Zum einen habe er sich mit der Einrichtung einer Kontrollbehörde für die Wahlen am 9. Juni nicht durchsetzen können. Außerdem habe es Unstimmigkeiten über die Verlängerung der Amtszeit von Generalmajor Aschraf Rifi gegeben, dem Chef des mächtigen Inlandsgeheimdienstes. Rifi sollte eigentlich in den Ruhestand gehen, Mikati hatte dafür plädiert, ihn noch bis zu den Wahlen im Amt zu belassen.
Beobachter in Libanon führen den Rücktritt jedoch vor allem auf Druck aus dem Ausland zurück. Um den Zedernstaat nicht in den Sog des Krieges in Syrien geraten zu lassen, verfolgte Mikatis Koalitionsregierung eine Politik der Nichteinmischung und beharrte auf einer politischen Lösung durch Verhandlungen in Syrien. Gleichzeitig war der Norden des Landes immer mehr in den Krieg hineingezogen worden. Seit Ende 2011 hatten Aufständische besonders die Region Wadi Khalid zum Aufmarschgebiet für die Offensive in der syrischen Stadt Homs vor einem Jahr gemacht, umgekehrt waren immer mehr Familien aus umkämpften Gebieten Syriens nach Nordlibanon geströmt. Fast täglich versucht die libanesische Armee, Gegner und Unterstützer der Aufständischen in Syrien voneinander fernzuhalten. In der Hafenstadt Tripoli forderte dieser Konflikt in der vergangenen Woche erneut sechs Tote.
Die Demission der Regierung erfolgt vor dem Hintergrund eines Schlagabtauschs Syriens mit der Arabischen Liga. Der Außenminister von Katar hatte vorgeschlagen, den Ligasitz Syriens an die Oppositionsgruppe Nationale Koalition zu geben.
Syriens Mitgliedschaft in der Arabischen Liga war Ende 2011 auf Antrag Katars suspendiert worden. Der libanesische Ligavertreter, Außenminister Adnan Mansour, hatte den Vorschlag Katars scharf kritisiert. Die Aussperrung Syriens aus dem Gremium solle rückgängig gemacht werden, forderte Mansour stattdessen. Dann gäbe es wieder eine Plattform, auf der die Konfliktparteien direkt miteinander verhandeln könnten.
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