Kein Schadenersatz wegen Flughafenstreiks
Große Airlines erleiden neue Schlappe vorm Arbeitsgericht im Kampf gegen die Lotsengewerkschaft
Die großen Fluggesellschaften sind erneut mit einer Klage gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) gescheitert. Wegen eines Streiks am Flughafen in Frankfurt am Main im Februar 2012 hatten AirBerlin, Lufthansa und die Flughafengesellschaft Fraport gemeinsam auf über neun Millionen Euro Schadenersatz geklagt. Das Frankfurter Arbeitsgericht (AG) wies die Klage am Montag ab.
Der Streik war im Februar 2012 per einstweiliger Verfügung verboten worden - aus »formalen Gründen«: In der Auseinandersetzung wollte die GdF einen eigenen Tarifvertrag für die rund 200 Vorfeldlotsen, Flugzeugeinweiser und Verkehrsplaner erkämpfen. Wegen der tagelangen Streiks fielen über 1500 Flüge aus. Die ebenfalls in der GdF organisierten Towerlotsen hatten zum Unterstützungsstreik aufgerufen.
Doch zwei untergeordnete Streikforderungen drehten sich um Bestimmungen aus einem laufenden Tarifvertrag. Die GdF hatte damit gegen die Friedenspflicht verstoßen, der Streik war illegal. Und darauf hatten Lufthansa, AirBerlin und Fraport ihre Schadenersatzklagen gegründet. Doch im jüngsten Urteil sah es das Gericht »als unstreitig an, dass die von der Fraport AG behaupteten Schäden ebenso eingetreten wären«, hätte die GdF die »friedenspflichtverletzenden Forderungen« nicht gestellt. Denn der Streik für einen neuen Tarifvertrag war rechtens, und der hätte an sich schon zu Flugausfällen geführt.
Der zweite Teil des Urteils dürfte noch wichtiger sein. Auch bei einem wegen Verletzung der Friedenspflicht »illegalen« Streik ist die Gewerkschaft den Fluggesellschaften gegenüber nicht schadenersatzpflichtig. Sie seien nur indirekt von dem Streik betroffen gewesen. Einen unmittelbaren Eingriff in ihren Betrieb habe es nicht gegeben. Ein Schadenersatzanspruch scheide daher von vornherein aus.
GdF-Verhandlungsführer Dirk Vogelsang sagte gegenüber »nd«: »Wir sind positiv überrascht von diesem Urteil.« Die gleiche Kammer am AG Frankfurt hatte den Streik 2012 verboten. Besonders, dass Dritte keinen Schadenersatz fordern könnten, sei ein positives Zeichen für den weiteren Verlauf.
Das Ziel der Arbeitgeber in der Auseinandersetzung sei die Einführung eines restriktiveren Arbeitskampfrechts. »Es stört sie ja nicht, dass die Spartengewerkschaft mit ihren wenigen Mitgliedern kräftige Lohnzuwächse erstreiten können«, so Vogelsang weiter, »sondern die Vorbildfunktion, die derlei Arbeitskämpfe auch auf die Streiktaktik der DGB-Gewerkschaften haben.« Beispielsweise ver.di hatte in der letzten Zeit immer an Flughäfen gestreikt, weil sich sowohl private Sicherheitsdienstleister als auch aktuell die Lufthansabeschäftigten in harten Tarifauseinandersetzungen befanden bzw. befinden. Es würde eine herbe Einschränkung des Streikrechts darstellen, wären Schadenersatzforderungen von Dritten rechtens. Gewerkschaften würden sich drei Mal überlegen, bevor sie zur Arbeitsniederlegung aufrufen. Beispielsweise für die GdF würde eine millionenschwere Forderung das Aus bedeuten.
Vorbei ist die Auseinandersetzung um die Vorfeldstreiks noch lange nicht. Fraport, AirBerlin und Lufthansa haben angekündigt, bis vors Bundesarbeitsgericht ziehen zu wollen - obwohl sie bereits einige Schlappen erleiden mussten: Im Sommer 2012 unterlagen Ryanair, Lufthansa und AirBerlin mit Schadenersatzklagen wegen angekündigter Fluglotsenstreiks im Jahr 2011.
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