Fracking boomt bald nicht mehr

Thinktank sieht baldiges Ende der unkonventionellen Öl- und Gasförderung kommen

  • Hanno Böck
  • Lesedauer: 3 Min.
Wissenschaftler prognostizieren, dass es in naher Zukunft zu drastischen Knappheiten bei der Öl- und Gasförderung kommen wird. Der Förderboom in den USA durch Fracking sei nur ein kurzes Intermezzo.

Die Energy Watch Group, ein Thinktank von Politikern und Wissenschaftlern, hat am Montag in Berlin eine Studie zur künftigen Versorgung mit fossilen und nuklearen Rohstoffen vorgestellt. Studienautor Werner Zittel hält die Entspannung der Situation in den letzten Jahren für ein kurzes Strohfeuer. Die Ausweitung der Gas- und Ölförderung in den USA durch die sogenannte Fracking-Technologie werde nur kurze Zeit andauern und sich anderswo nicht wiederholen.

Kritische Wissenschaftler warnen schon länger vor dem Höhepunkt der Ölförderung, dem sogenannten »Peak Oil«. Fahrt nahm die Debatte im Jahr 2010 auf. Damals warnte erstmals auch die Internationale Energie-Agentur (IEA) in ihrem Jahresbericht vor einem Ölfördermaximum. Doch zuletzt schien es, dass die bevorstehende Knappheit bei fossilen Energieträgern überwunden sei. Die IEA sprach von einem »goldenen Zeitalter der Gasförderung« und den USA wurde prognostiziert, sie könnten vom weltgrößten Ölimporteur wieder zum Exporteur werden. Verantwortlich dafür war vor allem der Boom bei der Gas- und zuletzt auch der Ölförderung durch die umstrittene Fracking-Technologie.

Mit Hilfe von Chemikalien, die unter hohem Druck in den Erdboden gepresst werden, können in Gesteinsschichten gebundene Öl- und Gasreserven gefördert werden. Vor allem die Vereinigten Staaten trieben diese Entwicklung zuletzt voran. Zittel hält es jedoch für unrealistisch, dass sich der Frackingboom der USA in Europa wiederholen lässt. »Das würde bedeuten, in einem Bundesland wie Nordrhein-Westfalen 15 000 Gasbohrtürme aufzubauen.«

Dem Boom der Gasförderung prognostiziert die Energy Watch Group ein baldiges Ende. »Wir glauben, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren den ›Peak‹ der Schiefergasentwicklung in den USA sehen werden«, erklärte der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell bei der Vorstellung der Studie.

Der neue Ölrausch in den USA findet vor allem an zwei Standorten in Texas und North Dakota statt. Dies werde aber nach Einschätzung der Energy Watch Group den Rückgang der Ölförderung in den Vereinigten Staaten nur um einige Jahre verzögern.

Die Energy Watch Group führt in ihrer Studie zahlreiche Beispiele von Öl- und Gasförderprojekten an, bei denen Erwartungen nicht erfüllt wurden. So habe man vor einigen Jahren noch erwartet, dass die Region um das Kaspische Meer sich zu einem zweiten Saudi-Arabien entwickeln würde. Die Förderung der besonders umwelt- und klimaschädlichen Teersande in Kanada wurde zwar ausgeweitet, die Menge des dort geförderten Öls sei aber nur etwa halb so groß, wie dies die IEA vor fünf Jahren erwartet hatte. Zuletzt wurde gemeldet, dass die Erschließung des Gasfeldes »Schtokman« in Russland, welches als eines der größten noch unerschlossenen Erdgasfelder der Welt gilt, vorerst nicht stattfinden wird.

Vor Brasilien versucht der Staatskonzern Petrobas, Ölfelder in der Tiefsee zu erschließen, stößt hierbei aber nach Zittels Einschätzung an technische Grenzen. »Die dortigen Ölfelder befinden sich unter Salzgestein, das sich nur sehr schwer durchbohren und abdichten lässt«, erklärt Zittel, Petrobas sei aufgrund der Probleme inzwischen hoch verschuldet.

An einigen Stellen sei auch mehr Öl gefördert worden, als vor einigen Jahren erwartet. Neben den Vereinigten Staaten konnte insbesondere China seine Ölförderung stärker ausbauen und den Förderrückgang an Land durch verstärkte Meeresbohrungen kompensieren.

Die vollständige Studie kann unter www.energywatchgroup.org heruntergeladen werden.

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