Panikos schürt Panik in Zypern
Nicht nur Staatspräsident Anastasiades ist vor Wut »außer sich«
Panikos Demetriades heißt der Chef der zyprischen Zentralbank. Der Mann mit dem bezeichnenden Vornamen soll in der Nacht zum Dienstag eine lautstarke Auseinandersetzung mit seinem Staatspräsidenten gehabt haben. Nikos Anastasiades soll laut zyprischen Presseberichten vor Wut »außer sich« gewesen sein, als er erfuhr, dass Demetriades die Öffnung mehrerer kleiner Banken angekündigt hatte. Die Entscheidung wurde aus Furcht vor massivem Geldabfluss noch in der Nacht zurückgezogen, die Wiederöffnung um weitere zwei Tage verschoben - und die Verunsicherung der Bevölkerung geschürt. Denn unklar bleibt, wie viel Geld die Bankkunden abheben dürfen und wie lange die Beschränkungen gelten. Am Tag der Öffnung sollen alle Bankfilialen Polizeischutz bekommen, um »potenzielle Gewalttäter« abzuschrecken. Derweil bangen Angestellte um ihre Löhne und Gehälter, die zum Monatsende überwiesen werden müssten, viele Unternehmer können die Rechnungen ihrer Lieferanten schon jetzt nicht mehr begleichen.
Finanzminister Michalis Sarris erklärte dem britischen Sender BBC, reiche Anleger müssten mit einem Verlust von etwa 40 Prozent ihrer Einlagen in Zypern rechnen. Derart drastische Einschnitte lehnte der Chef der Bank of Cyprus nach Berichten des zyprischen Rundfunks ab und reichte deshalb seinen Rücktritt ein. Unterdessen machten auf der Insel Berichte die Runde, wonach es schon vor der Schließung der Banken außerordentlich hohe Bargeldabhebungen und Überweisungen ins Ausland gegeben haben soll, und selbst nach der Sperrung des Online-Bankings sei Geld abgeflossen. Von »Unmengen« ist in zyprischen Medien die Rede. Wer wusste vorher von der Entscheidung zur Bankenschließung am 16. März und hat sein Geld rechtzeitig ins Ausland geschafft? Parlamentspräsident Giannakis Omirou ist mit der Prüfung beauftragt.
1500 Oberschüler, die am Dienstag protestierend durch Nikosia zogen, forderten in Sprechchören, die Verantwortlichen für den »Diebstahl« der zyprischen Guthaben müssten ins Gefängnis. »Wir müssen die Blutsauger bekämpfen!« riefen sie. »Troika go home« und sogar »Hitler Merkel the same shit« hieß es auf einem Spruchband.
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem erschreckte indessen Investoren mit der Äußerung, die Belastung zyprischer Bankkunden könne als Vorbild für andere Euro-Krisenstaaten dienen. So jedenfalls zitierte die »Financial Times« den Niederländer. Dijsselbloem wurde daraufhin von vielen Seiten kritisiert, weil eine solche Ankündigung die Kapitalflucht aus Krisenstaaten nur beschleunigen kann. Der Gescholtene distanzierte sich flugs von seiner Äußerung und nannte Zypern einen »besonderen Fall mit einmaligen Herausforderungen«. Tagesthema Seite 2
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